Warum wählen Menschen bestimmte politische Medieninhalte aus, während sie andere vermeiden? Wollen sie Argumente, die ihrer Meinung widersprechen, nicht glauben und lenken ihren Denkprozess daher unbewusst in eine andere Richtung? Oder halten sie manche Argumente lediglich für unglaubwürdig und lehnen sie deshalb ab? In empirischen Studien ist dies schwer zu unterscheiden, da das beobachtbare Phänomen (d. h., selektive Medienauswahl) in beiden Fällen dasselbe ist: Es existiert eine sogenannte Beobachtungsäquivalenz.
Um sich diesem Problem anzunähern, beschäftigt sich die vorliegende präregistrierte Studie mit der mediierenden Rolle bestimmter Emotionen bei der Rezeption von Nachrichtenartikeln. Untersucht wird die Annahme, dass bei der Lektüre von Nachrichtenartikeln, die der Meinung der Rezipient:innen widersprechen, unabhängig von der Motivation der Rezipient:innen Ärger auftreten sollte. Epistemische Emotionen (Überraschung, Verwirrung und Neugier) sollten jedoch nur dann auftreten, wenn die Quelle von den Rezipient:innen auch als glaubwürdig eingeschätzt wird.
In einem Online-Experiment (N = 330) wurde eine quasiexperimentelle Bedingung von „Artikel widerspricht vollkommen der Meinung der Rezipient:innen“ bis „Artikel entspricht vollkommen der Meinung der Rezipient:innen“ mit einer systematischen Manipulation der Glaubwürdigkeit der Quelle (Experte in Qualitätszeitung vs. Schüler in Schülerzeitung) kombiniert. Die Ergebnisse unterstützen die vermuteten Zusammenhänge insofern, dass Nachrichtenleser:innen umso verärgerter waren, je mehr ein Nachrichtenartikel ihrer Meinung widersprach, unabhängig von der Glaubwürdigkeit der Quelle. Im Gegensatz dazu waren Nachrichtenleser:innen überraschter, wenn ein ihrer Meinung widersprechender Nachrichtenartikel, im Vergleich zu einer weniger glaubwürdigen Quelle, sehr glaubwürdig war. Darüber hinaus änderten Nachrichtenleser:innen, die mehr epistemische Emotionen bei der Lektüre empfanden, auch eher ihre Meinung in Richtung der vorgebrachten Argumente. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind somit relevant für die Kommunikation von Wissenschaft und Politik, da sie die wichtige Rolle von Vertrauen in Wissenschaft und Medien unterstreichen.