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Wo ist meine Nachricht?

ein Online-Experiment über die Auswirkungen von Instant-Messaging auf den situativen Selbstwert

300 Milliarden Kurznachrichten wurden allein in Deutschland 2021 verschickt. Eine Zahl, die seit Jahren kontinuierlich steigt und verdeutlicht, wie fundamental Instant-Messenger (IM) für die alltägliche Kommunikation geworden sind. Der Austausch von IM-Nachrichten stellt hierbei nicht nur eine praktische Funktion dar, sondern kann auch als soziales Feedback gelesen werden. So kann zum Beispiel eine verzögerte Antwort Zurückweisungsgefühle hervorrufen.

Vor dem Hintergrund dieses sozialen Stellenwertes hat sich die vorliegende Studie damit beschäftigt, ob bzw. unter welchen Bedingungen allein das bloße Nicht-Erhalten von IM-Nachrichten als soziales Feedback verstanden wird, wobei mögliche Auswirkungen für den Selbstwert eines Menschen im Fokus standen.

Den theoretischen Hintergrund der vorliegenden Arbeit bildet die Sociometer Theory. Nach der Sociometer Theory führt negatives soziales Feedback zum Absinken des situativen Selbstwertes und signalisiert dabei eine Bedrohung des sozialen Wertes. Da Menschen sich allerdings situativ sowie individuell in ihrer Wahrnehmung sozialen Feedbacks unterscheiden, wurden zusätzlich zum Grundzusammenhang die Einflüsse zweier zentraler Konstrukte der IM-Kommunikation betrachtet: Die Salienz der Erreichbarkeitsnorm als situativer Faktor sowie die Angst vor Ausgrenzung als dispositioneller Faktor.

Untersucht wurden die Zusammenhänge mit einem Online-Experiment mit 2×2 Between-Subject-Design (N = 205), wobei das Nicht-Erhalten von IM-Nachrichten sowie die Salienz der Erreichbarkeitsnorm manipuliert wurden. In den Ergebnissen des Online-Experiments zeigten sich keine Auswirkungen des Nicht-Erhaltens von IM-Nachrichten auf den situativen Selbstwert. Ebenfalls konnten keine moderierenden Einflüsse festgestellt werden. Dennoch scheint das Nicht-Erhalten von IM-Nachrichten zumindest ein schwaches soziales Feedback darzustellen, da Menschen, die über eine längeren Zeitraum keine IM-Nachrichten erhielten, sich stärker ausgegrenzt und weniger verbunden gefühlt haben als Menschen, die IM-Nachrichten erhielten.