Bauprojekte in Deutschland stehen zunehmendem Widerstand der Bürger gegenüber. Viele sprechen sich gegen die Realisierung der Projekte in ihrer unmittelbaren Umgebung aus und werden dem Not-In-My-Backyard-Phänomen (NIMBY) zugeordnet. Dieses wurde innerhalb der letzten Jahrzehnte in der Akzeptanzforschung ausführlich beforscht, dementsprechend viele Erkenntnisse liegen über Gegnergruppen vor. Allerdings zeigen Bürgerentscheide häufig, dass diese öffentlich sichtbaren Gruppen nicht das Meinungsbild der Bevölkerung widerspiegeln und Unterstützer der Bauprojekte zahlreich vorhanden sind. Vereinzelt treten aktive Unterstützergruppen in Erscheinung. Allerdings fehlen hier Studien zu den Merkmalen und Tätigkeiten dieser Gruppen. Auch wie diese zukünftig besser aktiviert werden können, ist unklar.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht daher die zweigeteilte Forschungsfrage: Was charakterisiert Unterstützergruppen von Bauprojekten in Deutschland und wie artikulieren sie sich?
Um diese Frage zu beantworten und erste Erkenntnisse im Bereich der Unterstützergruppenforschung zu generieren, wurden im ersten Schritt qualitative Leitfadeninterviews geführt. Interviewt wurden Vertreter von drei lokalen Unterstützergruppen eines Bauprojekts, Vertreter der jeweils zugehörigen Stadtverwaltung und projektunabhängige Kommunikations- und Beteiligungsexperten. Im Fokus der Interviews stand die Beschreibung von Unterstützergruppen, deren Meinungen zum jeweiligen Bauprojekt sowie deren Kommunikations- und Mobilisierungsstrategien. In einem zweiten Schritt wurden die Websites der drei befragten Unterstützergruppen inhaltsanalytisch untersucht, um weitere Einblicke in ihre Framing- und Mobilisierungsstrategien zu erhalten.
Es zeigt sich, dass der Bürgerentscheid und die wahrgenommene Gegnerschaft als Katalysator für die Entstehung der Unterstützergruppen fungieren. Die wichtigsten Ziele der Gruppen sind eine fundierte Informationsgrundlage in der öffentlichen Debatte zu etablieren und die Bürger für die Wahl zu mobilisieren. Die Unterstützergruppen weisen eine soziodemografische Vielfalt auf, was sich in ihren Handlungen niederschlägt. Sie kommunizieren ihre Befürwortung crossmedial und fokussieren den Nutzen des Bauprojekts für die Gemeinschaft. Dieser wird in Relation zu dem gegnerischen Vorhaben gesehen. Sie nehmen in dem Bauprojekt eine positive Veränderung ihrer Umgebung wahr und bestätigen damit das Please-In-My-Backyard-Phänomen (PIMBY). Um die Entstehung von Unterstützergruppen zu fördern, müssen Projektverantwortliche die Bürger einerseits anhand frühzeitiger Informationen befähigen, und sie andererseits bestärken, die Stimme zu ergreifen, indem sie ihnen Gleichgesinnte und Kommunikationswege aufzeigen.