transfer 23(4) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Taking Parasocial Interactions to the Next Level?

Der Einfluss von Chatbeachtung und Ansprache bei Livestreams auf parasoziales Erleben am Beispiel von Twitch

Livestreaming ermöglicht es Broadcaster*innen, Live-Videos an ihr Publikum zu übertragen und gleichzeitig mithilfe von Chats mit ihm zu interagieren. Durch diese Interaktionsmöglichkeit vermischen sich soziale und parasoziale Elemente in Livestreams auf einzigartige, bisher jedoch kaum untersuchte Weise. Die vorliegende Studie untersuchte daher, welchen Einfluss diese Interaktionsmöglichkeiten auf parasoziales Erleben haben und ob sie dieses auf ein neues Level heben. Parasoziales Erleben beschreibt dabei die Wahrnehmungen und Empfindungen von Rezipient*innen während einer parasozialen Interaktion. Es zeichnet sich für die Rezipient*innen vor allem durch ein Gefühl gegenseitiger Wahrnehmung, gegenseitiger Aufmerksamkeit und gegenseitiger Anpassung aus. Als Determinanten dieses parasozialen Erlebens wurden direkte Ansprache in Form individueller oder kollektiver verbaler Adressierung sowie Chatbeachtung, also das Lesen und Beantworten von Chatnachrichten durch Streamer*innen, untersucht. Darüber hinaus wurde der Zusammenhang zwischen parasozialem Erleben und Enjoyment sowie parasozialem Erleben und einer verstärkten Verpflichtung zu sozialen Normen betrachtet.

Dafür wurde ein 3×2 Between-Subjects-Online-Experiment durchgeführt, in dessen Verlauf 251 Teilnehmer*innen manipulierte Videos einer Livestreaming-Plattform für Computerspiele (Twitch) sahen. Um den Einfluss direkter Ansprache auf parasoziales Erleben zu untersuchen, wurde den Teilnehmern im Laufe der Studie ein Nutzername zugeteilt, mit dem der Streamer sie im Falle individueller Ansprache adressierte; im Fall kollektiver Ansprache richtete der Streamer sich in seiner Ansprache an alle Zuschauer. Für die Untersuchung der Chatbeachtung las der Streamer in der Experimentalgruppe die Nachrichten anderer Zuschauer vor und beantwortete sie. Die Analysen zeigten, dass sowohl individuelle als auch kollektive Ansprache der Teilnehmer*innen zu einem verstärkten parasozialen Erleben führten, wobei individuelle Ansprache einen stärkeren Effekt auf parasoziales Erleben hatte als kollektive Ansprache. Auch der Einfluss von Chatbeachtung auf parasoziales Erleben wurde bestätigt. Parasoziales Erleben wiederum führte zu Unterhaltungserleben sowie zu einer erhöhten Verpflichtung zu sozialen Normen. Die Studie trägt damit zum Verständnis der Rolle parasozialer Interaktionen in einem neuen Forschungsfeld bei.