transfer 23(3) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Perspektivenwechsel

Ein Online-Experiment zum Einfluss der Erzählperspektive eines narrativen Textes auf den Grad der Identifikation und somit auf die Meinungen von ProbandInnen zum Thema Organspende

Narrative werden bereits erfolgreich in der Gesundheitskommunikation eingesetzt, um intendierte Veränderungen in Einstellungen und Verhaltensweisen hervorzurufen. Ein Mechanismus, welcher den Auftritt der persuasiven Wirkung ermöglicht, ist die Identifikation mit dem Protagonisten oder der Protagonistin eines Narratives. Bisher ist jedoch noch ungeklärt, ob das formale Textmerkmal der Erzählperspektive Einfluss auf das Level der Identifikation nimmt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Wirkungen der ersten, zweiten und dritten Person Singular auf die Identifikation zu erforschen. Darüber hinaus wurde sich mit der Frage beschäftigt, ob die Identifikation einen potenziellen persuasiven Effekt der Erzählperspektive auf die Einstellungen der ProbandInnen zur postmortalen Organspende mediiert. In einem Experiment, welches in eine quantitative Online-Befragung eingebettet war (n = 161), wurde die Erzählperspektive manipuliert, indem drei Versionen eines Printnarratives konzipiert wurden. Das angewandte Pretest-Posttest-Design machte es möglich, die Meinungen der ProbandInnen vor und nach der Präsentation des Stimulus zu messen. Die Ergebnisse lieferten einen erneuten Nachweis dafür, dass Identifikation einen Prädiktor für Persuasion darstellt. Entgegen der Annahme besaß die Erzählperspektive jedoch keinen signifikanten Einfluss auf das Level der Identifikation oder die Einstellungen der ProbandInnen. Darüber hinaus konnte die theoretische Annahme, Identifikation mediiere den Effekt der Erzählperspektive, durch die Ergebnisse der Mediationsanalyse nur teilweise unterstützt werden. Einzig bei dem Narrativ aus der dritten Person Singular trat ein negativer Mediationseffekt auf.
Implikationen für zukünftige Forschung werden diskutiert. Die Erkenntnisse der vorliegenden Studie sind insbesondere für die Anfertigung zukünftiger Persuasionsbotschaften zur postmortalen Organspende innerhalb der Gesundheitskommunikation relevant.