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Kein Smartphone – (k)ein Problem?

Eine Experimentalstudie über den Einfluss von Smartphone-Trennung & Erreichbarkeitsdruck auf das Stressempfinden der Nutzer*innen

Die alltägliche Gegenwart von Smartphones gibt Anlass sich näher mit den negativen, psychologischen Auswirkungen dieser mobilen Endgeräte zu befassen. Zum einen werden durch die permanente Verbundenheit kommunikationsbezogene Erwartungen hervorgerufen. Hierdurch fühlen sich Nutzer*innen unter Druck gesetzt, für andere erreichbar sein zu müssen. Zum anderen bietet die Multifunktionalität des Smartphones vielfache Möglichkeiten für die Befriedigung von menschlichen Grundbedürfnissen. Hierdurch bauen die Nutzer*innen zu ihrem Smartphone ähnliche soziale Bindungen wie zu ihren Mitmenschen auf. Unfreiwillige Unterbrechungen dieser Bindungsverhältnisse, z.B. wenn das Smartphone zu Hause vergessen wird, werden als eine psychisch belastende Erfahrung eingeordnet. Durch die „permanently connected“ (Vorderer et al., 2018) Denkweise sind die stetig vorliegenden Erreichbarkeitserwartungen vermutlich auch kognitiv salient, wenn wir von unserem Smartphone getrennt sind. In einer solchen Situation sind die Individuen sowohl mit einer Smartphone-Trennung als auch mit dem wahrgenommenen Erreichbarkeitsdruck konfrontiert. Auf Grundlage der transaktionalen Theorie von Stress und Bewältigung (Lazarus & Folkman, 1984, 1987) wird deshalb postuliert, dass sowohl die Trennung vom eigenen Smartphone als auch die Erfahrung von Erreichbarkeitsdruck einen Einfluss auf das Stressempfinden der Nutzer*innen haben können.

Diese Studie untersucht anhand eines 2×2 Between-Subjects-Designs (N = 365), ob sich das Stressempfinden nicht nur durch das separate Auftreten von Smartphone-Trennung und Erreichbarkeitsdruck erklären lässt (Haupteffekte), sondern ob auch eine Wechselwirkung dieser beiden Faktoren vorliegt (Interaktionseffekt). Es liegen bisher noch keine Studien vor, in welchen entsprechende Interaktionseffekte analysiert werden.

In Übereinstimmung mit dem bisherigen Forschungstand zeigen die Ergebnisse mittelstarke Haupteffekte. Entgegen den theoretischen Erwartungen kann kein Interaktionseffekt nachgewiesen werden. Damit unterstreicht diese Forschungsarbeit die Wichtigkeit Smartphone-Nutzer*innen mit möglichen Maßnahmen zur Stressbewältigung zu unterstützen. Zudem ist das nicht-signifikante Ergebnis der Interaktion vermutlich stark auf die geringe Stichprobengröße zurückzuführen, welche in eine verminderte statistische Power resultiert. Aus diesem Grund liefert diese Studie eine gute theoretische Grundlage für die weitere Untersuchung der angenommenen Interaktionseffekte mit entsprechenden, methodischen Anpassungen.