Influencer lassen sich als neues Phänomen nicht nur schwer in die herkömmlichen kommunikationswissenschaftlichen und rechtlichen Kategorien einordnen, auch ihre Motivation bei der Erstellung von Inhalten ist dem Rezipienten nicht immer eindeutig ersichtlich. Aus diesem Grund sehen sich Influencer immer wieder mit dem Vorwurf der „Schleichwerbung“ konfrontiert. Da ein Grundsatzurteil dazu bisher fehlt, kommen Gerichte zu unterschiedlichen und teils strittigen Urteilen. Diese führten zu einer umfassenden Debatte über die rechtliche Einordnung von Influencern. Die Beschaffenheit der sozialen Medien lässt es nicht zu, bestehende Gesetze einfach auf die neue Werbeform des Influencer-Marketings anzuwenden. Es muss zunächst ein umfassendes Verständnis für diese neue Werbeform und ihre Wirkungsmechanismen entwickelt werden. An dieser Stelle setzt die Kommunikationswissenschaft an, die über eine rein rechtliche Betrachtung hinausgeht und sowohl Medienpersonen (Influencer) als auch Rezipienten (Follower) miteinbezieht. Sie ist damit imstande, bei Unklarheiten der rechtlichen Regulierung von „Schleichwerbung“ durch Influencer behilflich zu sein.
Die vorliegende Studie befasst sich mit der Debatte über die Werbekennzeichnung in den sozialen Medien und lässt mittels qualitativer Interviews die Beteiligten an der Debatte (Influencer, Landesmedienanstalten, Wettbewerbsverbände und Rechtsprechung) zu Wort kommen. Sie zeigt, dass mit der Vorgehensweise der Gerichte der Werbebegriff ad absurdum geführt wurde und nicht mehr Transparenz über die Motive von Influencern entstanden ist. Das Vorgehen der Gerichte und des Wettbewerbsverbands VSW hatte vielmehr eine Über-Kennzeichnung in der Influencer-Branche zur Folge, wodurch die eigentliche Motivlage eines Posts erneut unklar wurde. Mit einem Rückbezug auf die kommunikationswissenschaftliche Theorie des Persuasionswissens wurde zudem festgestellt, dass eine Notwendigkeit der Kennzeichnung von Posts von Influencern auch vom jeweiligen Wissen des Rezipienten über das Risiko der Beeinflussung und seiner Einstellung gegenüber dem Influencer abhängt. Alles in allem wird durch die Studie deutlich, dass eine rechtliche Einordnung von Influencern nicht ohne eine kommunikationswissenschaftliche Betrachtung auskommt, denn sie gibt wichtige Hinweise darauf, wie eine zukünftige Kennzeichnung aus normativer Perspektive erfolgen sollte.