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Wahrer Fußball oder Ware Fußball? Fan-Identität in Zeiten der Kommerzialisierung

Die Kommerzialisierung des Profifußballs schreitet seit etwa zwei Jahrzehnten immer schneller voran. Für Kritiker*innen der Kommerzialisierung sind die Fans heute nur noch Konsument*innen des Produkts Bundesliga. Die kritische Einstellung einiger Fans zur Kommerzialisierung kann für den Profifußball problematisch werden, wenn sich die Fans vom Profifußball distanzieren und ihren Konsum reduzieren. Die Kommerzialisierung hat zudem das Potential, Fans in ihrer Fan-Identität zu bedrohen.

Das von Richard E. Petty und John T. Cacioppo (1986) entwickelte Elaboration Likelihood Model (ELM) befasst sich mit Informationsverarbeitung und Einstellungsveränderungen und ist die theoretische Grundlage dieser Arbeit. Auf Basis des Modells werden die Faktoren Voreinstellung, Vorwissen, Relevanz, Emotionalität sowie positive und negative Emotionen in ihrer Wirkung auf die Einstellungsveränderung zur Kommerzialisierung im Profifußball überprüft. Außerdem wurde die Theorie der kognitiven Dissonanz von Leon Festinger (1957) herangezogen, um die Strategien der Fans zur Verteidigung ihrer Fan-Identität zu untersuchen.

Das Untersuchungsvorhaben wurde mit einer standardisierten Online-Befragung (N=156) durchgeführt. Die Teilnehmenden bekamen randomisiert zwei unterschiedliche Stimuli zugeteilt, die sich entweder positiv oder negativ mit den Folgen der Kommerzialisierung des Profifußballs beschäftigten. Mittels einer Varianzanalyse und mehreren Regressionsanalysen wurde in der Datenauswertung der Einfluss der Stimuli auf die Einstellung zur Kommerzialisierung und der einzelnen Faktoren auf die Stärke der Einstellungsveränderung untersucht. Das Vorwissen und die Relevanz zur Kommerzialisierung hatten dabei den stärksten Einfluss auf die Einstellungsveränderung. Somit konnte das ELM auf den Forschungsgegenstand angewendet und die Einstellungsveränderungen der Proband*innen durch das Modell erklärt werden. Im Rahmen der Theorie zur kognitiven Dissonanz können Fans zudem auf vier Strategien zurückgreifen, um ihre Fan-Identität in Zeiten der Kommerzialisierung zu verteidigen. Die verschiedenen Strategien kamen von den Fans jedoch unterschiedlich stark zur Anwendung.