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Vertrauen in Arztbewertungsportale

Entwurf eines theoretischen Modells und empirische Untersuchung der Gründe für Vertrauen

In der Arbeit untersuche ich, warum Menschen anonymen Online-Bewertungen von Ärzten vertrauen. Im WWW werden immer mehr Produkte und Dienstleister beurteilt: Flo84 empfiehlt ein Buch, HMüller rät von einem Hotel ab. Auf Arztbewertungsportalen kann man nun sogar die Halbgötter in Weiß mit Sternen benoten.
Die wachsende gesellschaftliche Bedeutung dieses Internet-Phänomens führt v. a. zur Erforschung der wirtschaftlichen Folgen für die Bewerteten. Die dabei häufig implizierte Annahme, dass Bewertungen auf alle Leser gleich wirken, wird hier hinterfragt.
Ausgehend von Kohrings Verständnis von Vertrauen entwickle ich ein Modell von Vertrauen in Arztbewertungsportale. Darin werden Gründe für Vertrauen als Indikatoren für die Vertrauenswürdigkeit des anonymen Bewerters konzipiert. Sie erklären, warum man dem Bewerter vertraut.
Um die Gründe für Vertrauen empirisch erfassen zu können, wird eine explorative Think Aloud-Studie mit 19 Teilnehmern durchgeführt.
Die Auswertung zeigt deutlich, dass die Teilnehmer erstens dieselbe Bewertung unterschiedlich wahrnehmen, z.B. als ausführlich genug (führt zu Vertrauen) oder zu knapp (führt zu keinem Vertrauen) oder zweitens dem Bewerter aus unterschiedlichen Gründen vertrauen (z.B. da er Fachwörter verwendet) oder nicht vertrauen (z.B. da er Privatpatient ist). Manchmal führt gar dieselbe Wahrnehmung einer Bewertung (z.B. als sehr positiv) trotzdem zu unterschiedlichen Zuschreibungen (vertrauenswürdig da bestimmt bzw. nicht vertrauenswürdig da gefälscht).