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Nutzerkommentare als Auslöser einer Schweigespirale?

Der Einfluss von Nutzerkommentaren zu gesundheitsrelevanten Themen auf das wahrgenommene Meinungsklima sowie die Redebereitschaft und die intervenierende Rolle von eHealth Literacy hierbei

Soziale Netzwerke nehmen eine zunehmend wichtige Rolle für den Austausch von gesundheitsbezogenen Ansichten und Meinungen ein. Somit finden auch gesundheitsbezogene Minderheitsmeinungen durch diese eine reichweitenstarke Plattform, durch die ihre Ansichten in eine breite Öffentlichkeit getragen werden können. Jedoch ist bisher nur wenig über die Wirkung von Gesundheitsinformationen auf sozialen Netzwerken und daher auch von solch selektiven gesundheitsbezogenen Nutzerkommentaren bekannt. Ziel der vorliegenden Studie war es deshalb, zu untersuchen, wie Nutzerkommentare auf sozialen Netzwerken zu gesundheitsrelevanten Themen das wahrgenommene Meinungsklima und darauffolgend die eigene Redebereitschaft beeinflussen können. Hierfür wurde der Fallbeispieleffekt mit der Theorie der Schweigespirale verknüpft und in den Kontext sozialer Netzwerke gestellt. Zusätzlich wurde die intervenierende Rolle der eHealth Literacy betrachtet, um Faktoren herauszufiltern, die vor potenziell negativen Einflüssen von nutzergenerierten, gesundheitsbezogenen Meinungsäußerungen schützen können.

Es wurde eine quantitative experimentelle Befragung mit drei Experimentalgruppen in Form eines Online-Fragebogens durchgeführt (N = 293). Probanden sahen entweder einen Facebook-Post mit positiven, negativen oder keinen Kommentaren zum Thema Impfen. Die vorliegende Studie konnte bestätigen, dass Personen gesundheitsbezogene Nutzerkommentare als Hinweis für einen Rückschluss auf das Meinungsklima in der Bevölkerung nutzten. Betont muss an dieser Stelle außerdem werden, dass die klassische Schweigehypothese in der vorliegenden Studie sowohl im Offline-Kontext als auch in sozialen Netzwerken bestätigt werden konnte. Die Ergebnisse geben allerdings keinen Hinweis darauf, dass bereits vereinzelte Meinungsäußerungen in Nutzerkommentaren die Redebereitschaft beeinflussen können und somit eine aktivere Teilhabe an Gesundheitsdebatten hemmen, sofern sie nicht kongruent zur eigenen Meinung ausfallen. Daher kann man diese – auch angesichts der großen Menge an zusätzlichen medialen Informationen, welche die Rezipienten täglich erreichen – wohl nicht als alleinige Auslöser einer Schweigespirale bezeichnen. Im Gesundheitskontext stellt gerade eHealth Literacy ein vielversprechendes Konzept dar, dessen moderierender Einfluss in der vorliegenden Studie jedoch aufgrund der verzerrten Stichprobe mit einer überdurchschnittlich hohen eHealth Literacy nicht ausreichend untersucht werden konnte.