Die Arbeit identifiziert Bilanz-Frames in der Berichterstattung über Gipfeltreffen des Europäischen Rates in den überregionalen Tageszeitungen Die Welt und die taz und analysiert im Anschluss deren Wirkung. Auf Grundlage einer quantitativen Inhaltsanalyse der bilanzierenden Berichterstattung über sieben EU-Gipfeltreffen werden mithilfe einer hierarchischen Clusteranalyse drei Frames identifiziert, die für die Bilanzierung der Gipfeltreffen charakteristisch sind. Diese Frames unterscheiden sich vor allem darin, ob einzelne Politiker im Vordergrund stehen (Personalisierungsmuster) oder die auf den Gipfeltreffen vertretenen EU-Nationen (Nationenmuster). Mittels einer Online-Befragung im Experimentaldesign wird die Wirkung des Personalisierungs- und Nationenmusters auf die Rezipienten analysiert. Im Detail wird untersucht, ob Vererbungseffekte auftreten, bei denen sich die Beurteilung Deutschlands im Artikel (Nationenmuster) auf die Beurteilung Merkels durch den Rezipienten überträgt (Top-Down-Vererbungseffekt) oder umgekehrt die Beurteilung der deutschen Kanzlerin (Personalisierungsmuster) auf die Beurteilung Deutschlands (Bottom-Up-Vererbungseffekt). Die Ergebnisse zeigen einen schwachen Top-Down-Vererbungseffekt der Beurteilung Deutschlands im Stimulusartikel auf die europaspezifische Beurteilung Merkels. Eine positive oder negative Bilanzierung der Gipfeltreffen für Deutschland wirkt sich also auch auf die Beurteilung Merkels im europapolitischen Kontext aus.