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Hat #MeToo den Flirt beeinflusst?

Eine qualitative Interviewstudie zur Auswirkung der #MeToo-Debatte auf das Flirtverhalten männlicher junger Erwachsener

Die im Jahr 2017 aufgekommene #MeToo-Debatte trat weltweit eine gewaltige gesellschaftliche Diskussion um Sexismus, sexuelle Belästigung und die Rolle der Frau los. Während sich der Großteil der zur Debatte verfügbaren Literatur auf ebendiese Thematiken konzentriert, wurde weiteren Folgen dieser wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht anhand der Forschungsfrage „Inwiefern hat die Debatte um sexuelle Belästigung das Flirtverhalten männlicher junger Erwachsener beeinflusst?“ eine zwar medial weniger bedachte, gesellschaftlich jedoch nicht minder relevante Folge der #MeToo-Bewegung.

Da bis dato nur wenig Literatur zu #MeToo existiert, wurde sich beim Aufarbeiten der relevanten Forschung auf Publikationen zum Kommunikationsstil des Flirts sowie zu sexueller Belästigung und Missverständnissen in Kommunikation konzentriert. Vor diesem Hintergrund wurde der Leitfaden für die 11 qualitativen Leitfadeninterviews konzipiert, mithilfe welcher die Forschungsfrage der Arbeit untersucht wurde.

Aus der Themenanalyse der Interviews ergaben sich sechs, von den Interviewten besonders hervorgehobene, Kernthemen (z.B. persönliche Einstellungen zur #MeToo-Debatte und Beeinflussung des Flirts durch #MeToo), anhand welcher die individuellen Einstellungen der Interviewteilnehmer zu diesen, sowie einem Zusammenspiel dieser analysiert wurden. Trotz leichter Abweichungen der Aussagen zwischen den einzelnen Interviews konnte eine klare, der Beantwortung der Forschungsfrage dienende Tendenz festgestellt werden.
Auch wenn sich die Interviewteilnehmer stark gegen sexuelle Belästigung und für einen respektvollen Umgang während eines Flirts ausgesprochen haben, konnte dennoch kein langfristiger Effekt der #MeToo-Debatte auf deren Flirtverhalten festgestellt werden. Als Grund hierfür nannten die Teilnehmer die Tatsache, dass sie sich zu keinem Zeitpunkt ins Täterprofil der Debatte eingeordnet haben und das eigene Flirtverhalten dementsprechend keine Modifizierung benötigt. Auch bei Personen, die sexuell belästigen, vermuten die Teilnehmer keinen Einfluss von #MeToo auf deren Flirtverhalten, da sie der Meinung sind, Personen die sexuell belästigen, benötigen mehr als eine öffentliche Debatte um ihr Verhalten gesellschaftlichen Normen anzupassen. Allerdings ließ sich feststellen, dass auch wenn sich das letztliche Verhalten der Interviewpartner nicht verändert hat, die Situation, in der ein Flirt stattfindet, durchaus einen Wandel erlebt hat. Zudem ließen sich durch wiederkehrende Rechtfertigungen der Interviewteilnehmer unterbewusste Effekte der #MeToo-Debatte feststellen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass #MeToo zwar keinen direkten Effekt im Verhalten der Interviewten hatte, die Debatte jedoch nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen ist.