Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage, wie in internationalen Krisen systematisch Feindbilder aufgebaut werden, um eine breite öffentliche Akzeptanz für einen Krieg zu schaffen und wie Regierungen die Medien dafür instrumentalisieren. Ausgehend von vier programmatischen Reden der US-Präsidenten George Bush sen. und George W. Bush wurde ein Kategoriensystem für eine vergleichende Inhaltsanalyse entwickelt. Damit wurden 428 Artikel der New York Times untersucht. Im Zentrum der Analyse steht Nähe und Zustimmung der Artikel zu den Argumenten der Präsidenten. Die Inhaltsanalyse ergab, dass die New York Times in beiden Konflikten der Themenstrukturierung der US-Regierung gefolgt ist. Jene Themen, die den Kriegsgründen der Regierung widersprochen hätten (etwa Auswirkungen der UN-Sanktionen) kamen in beiden Krisen auch in der Zeitung kaum vor. Dies ist besonders in Hinblick auf den großen Einfluss der New York Times auf gesellschaftliche Eliten und andere Medien problematisch. Wenngleich die Werte insgesamt eher gering waren, so war in den Artikeln vor dem Irakkrieg 2003 sowohl Nähe als auch Zustimmung zu den Aussagen der Präsidenten hoch signifikant stärker als in der Phase vor dem Golfkrieg 1991. Dies zeigt, dass die New York Times aufgrund komplexer Abhängigkeitsverhältnisse zu Politik und Wirtschaft ihrem Ruf als liberale, kritische und unabhängige Zeitung immer weniger gerecht wird.
Feindbild Irak – wie man der Öffentlichkeit einen Krieg verkauft
Eine vergleichende Inhaltsanalyse der Berichterstattung der „New York Times“ zu den Golfkrisen 1990/91 und 2002/03