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„Fake News. Es ist kompliziert“

Eine qualitative Untersuchung über den journalistischen Umgang mit Fake News und der Vertrauenskrise der Medien

Der Journalismus steht aktuell vor vielen Herausforderungen, da er einen umfassenden Wandel durchläuft. Finanzielle und personelle Einsparungen sowie die veränderte Mediennutzung machen neue Strukturen im Journalismus notwendig, gefährden seine Qualität und damit auch seine Glaubwürdigkeit. Begriffe wie „Fake News“ und „Lügenpresse“ sind seit einigen Jahren Ausdruck des geringen Medienvertrauens von Teilen der Bevölkerung und haben daher Auswirkungen auf die journalistische Praxis. Da es in der wissenschaftlichen Forschung bisher kaum Kommunikator Studien gibt, die sich mit dieser Thematik befassen, möchte diese Masterarbeit die Wissenslücke ein Stück weit schließen. Sie widmet sich den Fragen, wie Journalist*innen die Debatte über Fake News und die Vertrauenskrise der Medien bewerten, welche Maßnahmen sie zur Erhöhung des Leser*innenvertrauens ergreifen, inwiefern sie sich selbstkritisch mit journalistischer Arbeit auseinandersetzen und welche Bedeutung sie dem Medienjournalismus in Hinblick auf das Medienvertrauen zuschreiben. Um dies beantworten zu können, wurden sechs Leitfadeninterviews mit Journalist*innen aus den Ressorts Lokales und Politik geführt.

Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgte mithilfe der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse. Die Befragten schätzen Fake News als für die Gesellschaft und ihren Beruf bedeutsames Phänomen ein und sehen die Problematik unter anderem in der fehlenden Kompetenz der Bevölkerung, Seriosität von Quellen einzuschätzen und professionellen Journalismus von anderen publizistischen Tätigkeiten zu unterscheiden. Die Gründe für die Medienskepsis werden insbesondere in der veränderten Rolle der Journalist*innen, die nicht mehr alleinige Gatekeeper sind, sowie durch die zu geringe Beachtung der Sorgen und Interessen der Menschen seitens Politik und Journalismus gesehen. Zur Erhöhung des Medienvertrauens setzen die Redaktionen daher überwiegend auf einen verstärkten Austausch mit Leser*innen. Zwar schätzen die Befragten das Vermeiden von Fehlern und allgemein gutes journalistisches Handwerk als sehr wichtig für das Medienvertrauen ein, doch sie verwenden kaum neue Tools zur Überprüfung ihrer Informationen und können durch Zeit- und Personalmangel teilweise nicht genügend Ressourcen für die Recherche aufbringen. Medienjournalismus sehen sie branchenintern als relevant an, sie trauen ihm allerdings nicht zu, einen Einfluss auf das Medienvertrauen der Rezipient*innen zu haben. Die Interviews legen nahe, dass mehr redaktionelle Transparenz und eine kritischere Selbstreflexion der Journalist*innen, insbesondere in den Qualitätsmedien, teilweise wünschenswert wären, um die Publikumsbeziehung zu stärken und die journalistische Qualität zu sichern.