Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist das Waldviertel, eine der strukturschwächsten Regionen Österreichs, ein bevorzugter Darstellungsgegenstand von Bildbänden und Reiseführern, von Fernsehdokumentationen und Tourismusprospekten. Dabei taucht ein bestimmtes Bild immer wieder auf: Die Randregion Waldviertel als eine den Anstürmen der Zivilisation weitgehend enthobene, noch von ewigen Natur-Prozessen bestimmte mythische bzw. idyllische Anderswelt.
Ausgehend von der konstruktivistischen Annahme, dass es sich bei diesem spezifischen Darstellungsstrang nicht um Abbilder, sondern um Idealbilder handelt, werden im ersten Teil der Arbeit (medien-)kulturell etablierte Wirklichkeitsmodelle und Darstellungsmuster vorgestellt, die für eine Darstellung ungleichzeitiger („rückständiger“) Regionen in Frage kommen. Es werden relevante Idyllen- und Mythen-Schemata, komplementäre Deutungsmuster von Natur-Kultur-Prozessen, Überlegungen zur Wahrnehmung und Konstitution von Landschaft sowie Heimat- und Tourismus-Diskurse skizziert. Im Zentrum dieses Versuchs einer Kontextualisierung steht der Mythos der „intakten“ Landschaft, die eine ideale Harmonie von Natur und Kultur zu evozieren vermag.
Im zweiten Teil der Arbeit werden die vorgeschlagenen Deutungs- und Darstellungsmuster an ausgewählten Fallbeispielen diskutiert. Als Ausgangspunkt fungiert das paradigmatische Beispiel eines Reisetagebuchs von 1815, das für die Entdeckung der Region für die Sehnsüchte des urbanen Blicks steht.
Die Waldviertel-Idylle der Medien
Zur Mythisierung einer Randregion