transfer 25(4) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Das Erkennen und Verarbeiten von Greenwashing

Wie beeinflusst die Markenidentifikation die Wahrnehmung und Wirkung irreführender grüner Werbebotschaften?

Da ökologische Nachhaltigkeit immer mehr in das gesellschaftliche Bewusstsein rückt, versuchen Konsument:innen zunehmend durch grünen Konsum einen Beitrag zu leisten, um der globalen Klimakrise zu begegnen. Als Reaktion auf die wachsende Nachfrage nach grünen Produkten haben immer mehr Unternehmen angefangen, ihre Angebote als nachhaltig oder umweltbewusst zu bewerben, wobei nicht alle Unternehmen ehrlichen nachhaltigen Bestrebungen kommunizieren. Diese Praxis der Irreführung der Konsument:innen durch substanzlose, vage oder sogar falsche grüne Botschaften wird in der wissenschaftlichen Literatur als Greenwashing bezeichnet. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in der Erforschung der Wahrnehmungs- und Wirkungsprozesse irreführender grüner Werbebotschaften, indem untersucht wird, wann Konsument:innen Greenwashing detektieren und in welchen Auswirkungen die Greenwashing-Wahrnehmung resultiert. Da Voreinstellungen den Verarbeitungsprozess grüner Werbebotschaften maßgeblich beeinflussen, spielt die Variable Markenidentifikation eine zentrale Rolle in dieser experimentellen Untersuchung (N= 282). Auf der theoretischen Grundlage des Elaboration-Likelihood-Modells wird unter Berücksichtigung des quasi-experimentellen Faktors der Markenidentifikation die Wahrnehmung und Wirkung eines vagen und falschen grünen Werbeclaims mit einem neutralen Werbeclaim verglichen. Die Ergebnisse deuten daraufhin, dass Greenwashing-Strategien zwar zunehmend in negativen Anzeigen und Markenbewertungen resultieren, Konsument:innen allerdings nicht ausreichend dazu in der Lage sind, die täuschenden Absichten zu detektieren. Wahrgenommenes Greenwashing dezimiert die Bewertung der grünen Anzeige und der Marke. Auch Rezipient:innen, die sich stärker mit der Marke identifizieren, bewerten eine wahrgenommene Täuschung nicht nachsichtiger. Dass Greenwashing-Strategien zunehmend bestraft werden, kann sich alleridngs nur unter der Voraussetzung fortsetzen, dass Rezipient:innen eine Täuschungsabsicht wahrnehmen. Die Studie zeigt, dass ein vager verbaler Claim von Rezipient:innen weniger als Greenwashing-Strategie wahrgenommen wird, als ein falscher verbaler Claim. Eine grüne Werbebotschaft, die einen vagen grünen Claim kommuniziert, wird von Rezipient:innen als ehrliche Umweltbemühung interpretiert und durch positive Anzeigen und Markenbewertungen belohnt. Neben der Darstellung des verbalen Claims ist die Markenidentifikation ein weiterer Faktor, welche den Wahrnehmungsprozess einer irreführenden grünen Botschaft maßgeblich beeinträchtig. Rezipient:innen, die sich eher mit der werbenden Marke identifizieren, sind weniger dazu in der Lage eine Greenwashing Absicht zu enttarnen.