Personen mit Zuwanderungsgeschichte stellen einen signifikanten Bestandteil der deutschen Bundesrepublik dar. Beginnend mit der Anwerbung von Gastarbeiter*innen hat sich Deutschland seit den 1960er Jahren über verschiedene Migrationsbewegungen hinweg zu einem Einwanderungsland entwickelt. Türkischstämmige Menschen sind heute die größte Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund in Deutschland. Demzufolge ist ihre Integration von hohem gesellschaftlichen Interesse und wird seit vielen Jahren in Medien, in der Politik sowie in der Wissenschaft diskutiert. Als Vermittlungs- und Orientierungsinstanz spielen Medien eine bedeutsame Rolle in Integrationsprozessen, da die Rezeption medialer Inhalte die Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen ermöglicht.
Ob und inwiefern bestimmte Medienangebote der deutschen und türkischen Medienlandschaft von Migrant*innen genutzt werden, hängt dabei wesentlich mit Nutzungsmotiven und Wahrnehmungen der medialen Inhalte zusammen. In der Forschungsliteratur zu diesem Themenbereich ist ein Mangel an aktuellen empirischen Untersuchungen erkennbar. Diese Arbeit untersucht insofern die Mediennutzung, Nutzungsmotive sowie individuelle Wahrnehmungen medialer Inhalte von Personen mit türkischem Migrationshintergrund. Dafür wurden zehn qualitative Leitfadeninterviews mit Befragten, die verschiedene soziodemographische Merkmale aufweisen, durchgeführt und mit einer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Die Ergebnisse zeigen, dass türkischstämmige Personen eine überwiegend bikulturelle Mediennutzung aufweisen und sowohl deutsch- als auch türkischsprachige Medien auf Grundlage unterschiedlicher Nutzungsmotive rezipieren. Dabei werden insbesondere mediale Online-Formate deutlich intensiver genutzt als andere Medienangebote. Während deutsche Medien eher zu Informationszwecken dienen, werden türkischsprachige Medien auch aus unterhaltungsorientierten Motiven rezipiert und stellen eine Brücke zur Heimat dar, indem sie die Befragten auf kultureller Ebene mit der Türkei verbinden. Zudem kann aufgezeigt werden, dass die Interviewteilnehmenden die Darstellung von Migrant*innen in deutschen Medieninhalte als negativ verzerrt sowie stereotypisch wahrnehmen und sich nicht angemessen repräsentiert fühlen. Daher wird der Wunsch nach einer positiveren und ausgewogeneren Repräsentation türkischstämmiger Personen geäußert. Die vorliegende Studie liefert damit Anknüpfungspunkte für die Ausgestaltung von Programminhalten und -formaten verschiedener Medienproduktionen, um Verständigungs- und Integrationsprozesse innerhalb der deutschen Gesellschaft zu fördern.