transfer 25(2) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Wie normativ ist Risikoinformationshandeln?

In der Forschung innerhalb der bewährten Risikoinformationsmodelle zeigt sich konsistent ein großer Einfluss von Informationsnormen auf Informationssuche und Informationsvermeidung, ohne dass dieser Zusammenhang bislang genauer betrachtet wurde. Diese Arbeit beschäftigt sich daher differenziert mit den verschiedenen Effekten von Informationsnormen auf das Risikoinformationshandeln. Als Grundlage für die Differenzierung von Informationssuchnormen und Informationsvermeidungsnormen wird zunächst das Verhältnis von Informationssuche und Informationsvermeidung zueinander untersucht. Außerdem werden Informationsnormen nach Normtypen und Bezugsgruppen unterschieden. Bei der Betrachtung der identifizierten normativen Einflussfaktoren werden diese zusätzlich in Within-Effekte (zeitvariable States innerhalb eines Individuums) und Between-Effekte (zeitstabile Traits zwischen zwei unterschiedlichen Individuen) unterschieden.

Im Rahmen einer Sekundäranalyse werden Längsschnittdaten aus einer quantitativen Befragung (N = 574) zum Informationshandeln in Bezug auf die Infektionskrankheit COVID-19 analysiert. Mittels Random Intercept Cross-Lagged Panel Modell wird der Zusammenhang zwischen Informationssuche und -vermeidung exploriert: Sie sind als negativ assoziierte, aber voneinander abgrenzbare Handlungsweisen einzustufen. Mittels explorativer und konfirmatorischer Faktorenanalysen werden Möglichkeiten der Normkonzeptualisierung untersucht: Während sich die angenommene Unterscheidung von Such- und Vermeidungsnormen bestätigt, lässt sich kein geeignetes Modell zur Verdichtung der Variablen hinsichtlich Normtyp oder Bezugsgruppe identifizieren. Mittels Within-Between Modell werden abschließend die Normeffekte auf Informationshandeln geschätzt. Die Varianzaufklärung auf der Between-Ebene ist deutlich höher als auf der Within-Ebene. Es sind eher Effekte der Suchnormen auf Informationssuche und Effekte der Vermeidungsnormen auf Informationsvermeidung zu finden. Die meisten Effekte gehen von der Bezugsgruppe des persönlichen Umfelds aus. Alle Ergebnisse werden diskutiert und Limitationen mit Blick auf Anschlussforschung aufgezeigt.