transfer 26(4) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Wahrgenommene Medieneinflüsse und deren Folgen in Bezug auf Desinformationen über das Coronavirus – eine quantitative Erhebung

Die COVID-19-Krise hat seit ihrem Beginn erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung. Vor allem zu Anfang war die Nachfrage in der Bevölkerung nach verlässlichen Informationen über das neue Virus und seine Folgen groß. Es ist davon auszugehen, dass die Medienberichterstattung darüber bestimmt, wie die Pandemie von den Rezipierenden wahrgenommen wird. Sie hat damit großen Einfluss auf die Risikowahrnehmung der Bevölkerung und die Bereitschaft der Bevölkerung, Schutzmaßnahmen gegen das Virus zu ergreifen. Doch in solch zugespitzten Krisenzeiten, die durch eine hohe Medienabhängigkeit gekennzeichnet sind, sind die Informationen, auf die sich der Einzelne stützen kann, oft begrenzt und keineswegs immer korrekt.

Die vorliegende Arbeit untersucht empirisch, welcher unterstellte Einfluss Fake News in Medien im Hinblick auf die Berichterstattung über COVID-19 im Allgemeinen auf andere zugeschrieben wird und welche Konsequenzen sich daraus für Vor- und Einstellungen sowie für Verhaltensabsichten und Verhalten ergeben. Damit knüpft die Arbeit an die seit längerer Zeit etablierte Forschung zum Third-Person-Effekt und zum Influence-of-Presumed-Influence-Ansatz an und untersucht die Gültigkeit der Annahmen dieser Ansätze mit Blick auf die Wahrnehmung von (Falsch-)Informationen im Rahmen der Corona-Pandemie. Als Grundlage dienen Daten einer quantitativen Online-Befragung (N = 159).

Die Befragten schreiben Personen aus ihrem Umfeld und der allgemeinen Bevölkerung einen stärkeren Einfluss durch Fake News zu und bewerten diesen auch am negativsten. Außerdem werden anderen Menschen eine höhere Anfälligkeit für die Auswirkungen von Fehlinformationen von den Teilnehmern unterstellt. Es zeigt sich, dass die Ansätze des Third-Person-Effekts und Influence-of-Presumed-Media-Influence-Aproachs in diesem Kontext fortbestehen. Zudem führt ein unterstellter großer oder negativ bewerteter Einfluss von COVID-19 Fake News auf die Bevölkerung zu Konsequenzen für Einstellungen wie eine erhöhte Befürwortung von Maßnahmen zum kompetenten Umgang mit Medien. Viele andere vermutete Wirkungen wie beispielsweise eine erhöhte Unterstützung von Zensur bleiben jedoch aus.