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Verlust journalistischer Qualität

Eine Fallstudie zur konstruierten Emotionalisierung in der printmedialen Berichterstattung und deren Auswirkungen

‚Qualität im Journalismus‘ erlebt nicht zuletzt durch entsprechende Vereinsbildungen im deutschen Sprachraum eine rege Thematisierung. Ziel der Arbeit ist es, eine Brücke von theoretischen Überlegungen zur journalistischen Praxis zu schlagen. Zur Konkretisierung wurde ein Fallbeispiel herangezogen: Bei einem Jagd-Ausflug in Kroatien kamen 4 von 7 Österreichern durch eine im Krieg vergessene Mine ums Leben.
Systemtheorie, konstruierte Emotionalisierung und weitere Konzepte dienten als theoretische Ausgangspunkte.
In der behandelten österreichischen Tages-Berichterstattung hob sich das größte Boulevard-Blatt hervor: Die Kronen Zeitung publizierte Exklusiv-Bilder, auf denen die durch die Explosion entstellten Körper einiger Toter zu sehen waren. Angehörige und Freunde waren tief betroffen; auch der Presserat sprach sich dagegen aus.
Es stellt sich die Frage, in welchen Bereichen von Recherche und Berichterstattung journalistische Qualität verloren ging, und welche Auswirkungen dies zur Folge hatte. Deshalb wurden im Rahmen der Arbeit Interviews mit Überlebenden, Betroffenen und Journalisten geführt sowie Zeitungsberichte einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen.
Aufgrund eines Interviews mit Krone-Chef Hans Dichand kristallisierte sich ein blattspezifisches Fazit heraus: Der Verlust journalistischer Qualität wird – mit halbherzig erklärtem Bedauern – akzeptiert. Ethik und Moral machen offensichtlich bei redaktionellen Vorgaben, die sich in Auflage und somit im finanziellen Bereich positiv widerspiegeln, Halt.