transfer 14(3) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Theorie der Schweigespirale und Fallbeispieleffekt

Eine Untersuchung des Zusammenhangs der beiden Konzepte anhand theoretischer und empirischer Indizien

Fallbeispiele sind ein im Rahmen der Medienberichterstattung häufig verwendetes Stilmittel, um sachliche Informationen zu illustrieren und zu belegen. Gemäß dem Fallbeispieleffekt stützt sich das von Rezipienten aus den Medien extrahierte Bild von der Realität deutlich stärker auf Ansammlungen von Fallbeispielen als auf statistische Angaben. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob ein Zusammenhang zwischen dem Fallbeispieleffekt und der Theorie der Schweigespirale besteht und wie dieser geartet sein könnte.
Zu diesem Zweck erfolgt in der Arbeit zunächst eine Betrachtung der Verflechtungen der beiden Konzepte auf theoretischer Ebene. Von besonderem Interesse sind hier die in der Theorie der Schweigespirale beschriebene Rolle der Massenmedien als bedeutsame Quelle der Umweltbeobachtung für den Einzelnen sowie die von Noelle-Neumann postulierte quasi-statistische Wahrnehmung. Auf Basis der theoretischen Verknüpfungen wird eine mögliche Kausalbeziehung zwischen Fallbeispieleffekt und Schweigespirale skizziert. Diese wird im weiteren Verlauf der Arbeit durch die Analyse relevanter empirischer Indizien auf ihre tatsächliche Existenz hin überprüft. Zwar können Fallbeispielaggregate angesichts der großen Menge an weiteren, zusätzlichen medialen Informationen, die die Rezipienten erreichen, wohl nicht als alleinige Auslöser von Schweigespiralen bezeichnet werden, doch kann von einer den Prozess katalysierenden, verstärkenden Wirkung ausgegangen werden.