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Sagen, was (nicht) ist?

Eine qualitative Studie zur Vertrauenskrisenreparatur im Journalismus am Beispiel vom Fall Relotius.

Selten war ein Thema im deutschen Journalismus so präsent wie die aktuelle Debatte um die Vertrauenswürdigkeit in Medien und JournalistInnen. „Fake-News“-Vorwürfe, Enthüllungen über Hochstapler-Reporter wie Claas Relotius und der von Demonstranten skandierte Begriff „Lügenpresse“ befeuern diese Diskussion zunehmend. Verschiedene Studien bestätigen die Befürchtung, dass das Vertrauen in den Journalismus aufgrund dieser Entwicklungen stetig abnimmt. Da das Vertrauen in den Journalismus durch die Erfüllung seiner Funktionen ein hohes Gut für die Gesellschaft darstellt, ist im Falle eines Vertrauensverlustes die Vertrauenswiederherstellung im Rahmen einer geeigneten Krisenkommunikation erforderlich.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, geeignete krisenkommunikative Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Journalismus zu entwickeln. Bisher wurde das genannte Themenfeld lediglich aus der Perspektive der Rezipierenden erforscht. Um exklusives Kontextwissen und Informationen über den Stellenwert von vertrauensbildenden Maßnahmen innerhalb der Redaktionen zu erhalten, wurden in dieser Arbeit zehn JournalistInnen in qualitativen Experteninterviews befragt.

Die Ergebnisse bestätigen zum großen Teil die Annahmen aus der Literatur, zeigen aber noch weitere vertrauensfördernde Maßnahmen auf, welche bisher weder in der Literatur noch in vorherigen Studien beleuchtet wurden. Die transparente Darstellung journalistischer Vorgehensweisen ist sowohl als Maßnahme zur Entgegenwirkung der allgegenwärtigen Vertrauenskrise als auch in der Krisenkommunikation nach einem akuten Vertrauensverlust das wichtigste Werkzeug für den Journalismus, um das Vertrauen der Rezipierenden zu stärken. Die Interaktion mit den LeserInnen sowie eine selbstkritische Kommunikation spielen nach einem akuten Vertrauensverlust ebenfalls eine wichtige Rolle in Hinblick auf die Vertrauenswiederherstellung. Vertrauensgefährdende Faktoren wie wahrgenommene Distanzlosigkeit in der Berichterstattung, die unausgewogene Auswahl von Themen und Fakten sowie die politische Positionierung journalistischer Nachrichtenmedien sollten in der täglichen journalistischen Arbeit vermieden werden, um der allgegenwärtigen Vertrauenskrise im Journalismus entgegenzuwirken.