Mitte des Jahres 2018 haben Betroffene unter dem Hashtag #MeTwo ihr bisher unterdrücktes Wissen zum Ausdruck gebracht und gezeigt, dass Rassismus über (Neo-)Nazis hinaus auch für die Realität hinter alltäglicheren und ‘verdeckteren’ Phänomenen steht. Um dieses Wissen einzuordnen, bieten Ansätze aus der Critical Race Theory einen theoretischen Rahmen, innerhalb dessen Rassismus als Struktur der gegenwärtigen Gesellschaft begriffen werden kann, welche sowohl offen als auch verdeckt/versteckt in Erscheinung tritt. Um zu analysieren, wie genau diese versteckten Formen als solche re_produziert werden, habe ich in Verbindung mit Theorien von Michel Foucault und Ludwig Beck ein Kategoriensystem entwickelt, um qualitativ den medialen Diskurs während #MeTwo zu betrachten. Dabei standen nicht nur deutsche Printmedien an sich im Fokus, sondern auch dort arbeitende Journalist∗innen, die ihrerseits Positionen und Deutungsrahmen innerhalb der rassistischen Herrschaftsstruktur repräsentieren.
Die Auswahl an Zeitungen erstreckt sich von der taz, über die Zeit, zur Süddeutschen bis zur Welt. Darin konnte ich drei zentrale Diskurse identifizieren, welche in allen untersuchten Zeitungen in unterschiedlichen Ausmaßen parallel existieren: 1) Annäherung an unterdrücktes Wissen; 2) Implizite Abwehr gegen unterdrücktes Wissen; 3) Explizite Abwehr gegen unterdrücktes Wissen. Keiner der Diskurse hat das vielfältige Wissen der Betroffenen in vollem Umfang abgebildet, was zwar ein kaum mögliches Vorhaben wäre, jedoch auch nicht allgemein als Idealziel benannt wurde. Diskurs 1 hat sich an das unterdrückte Wissen der Betroffenen herangetastet, während unter den Kommunikator∗innen auch selbst Betroffene waren. Die anderen beiden Diskurse haben Rassismus und die Stimmen der Betroffenen entweder implizit oder explizit mit (üblichen) Abwehrmechanismen, Leugnungen oder Bagatellisierungen weiterhin verdeckt gehalten. Die Kommunikator∗innen dieser Diskurse waren tendenziell Weiß und nicht von Rassismus betroffen.
Das Erkenntnis dieser Analyse ist, dass die teilweise jahrzehntealten Ansätze aus der Critical Race Theory bereits zeigen, dass diese Handlungsmuster in den Medien über ihre strukturelle Verankerung in bestehenden Herrschaftsstrukturen bekannt, üblich und auch erwartbar sind (z.B. White Fragility). Um diesen Strukturen zuvorzukommen, wäre es dementsprechend erstrebenswert, herrschafts- und rassismuskritische Ansätze in die (Selbst-)Schulung journalistischer Tätigkeit einzubinden. Letztlich wird es aber darauf ankommen, ob Medien und Journalist∗innen bereit sind, eigene Privilegien zurückzustellen, um den Stimmen der Betroffenen Raum zu lassen.