Die Arbeit analysiert erstmals Anschlusskommunikation über Fernsehnachrichten in Bezugsgruppen. Die experimentelle Beobachtung stellt einen neuen Zugang zur Erforschung kommunikativer Nachrichtenaneignung her. 20 Zweiergruppen (Experimentalgruppe) und 20 Einzelpersonen (Kontrollgruppe) sahen zuerst eine Fernsehnachricht über Migranten in Deutschland und füllten dann einen Fragebogen aus. Die Dyaden mussten sich zudem über diesen Beitrag unterhalten. Die Anschlussgespräche wurden per Video aufgezeichnet, dann quantitativ und qualitativ analysiert.
Drei Funktionen der Gespräche wurden ermittelt: Rezipienten (1) erschließen sich dadurch das Nachrichtengeschehen, (2) interpretieren die Nachricht je nach persönlicher Relevanz und (3) handeln in der Gruppe Bewertungen aus. Während Medien Informationen liefern, wird die Relevanz bestimmter Themen in den Gesprächen festgelegt. Interessanterweise rekonstruieren die Probanden Inhalte anhand von selbst definierten ‚Nachrichtenfaktoren‘, die nicht mit denen der Nachrichtenwertforschung einhergehen müssen.
Die Befragung ergab im Gruppenvergleich einige kurzfristige Einstellungseffekte, jedoch keine langfristigen Einstellungsänderungen. Die Laborbeobachtung von Anschlusskommunikation erweist sich als fruchtbare Methode, die oft unbewussten Aneignungsprozesse von Medieninhalten sichtbar zu machen. Zusätzlich können die qualitativen Ergebnisse bisheriger Feldstudien in Zukunft durch quantitative Daten validiert werden.