transfer 22(4) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

„Medien und Vertrauen kann man nicht zusammenbringen.“

Der Einfluss individueller Prädispositionen auf das allgemeine Medienvertrauen.

Diskussionen um Fake News und Lügenpresse lassen den Eindruck einer Vertrauenserosion der Medien entstehen. Die Arbeit geht der Frage nach, worin sich Mediennutzer mit hohem von jenen mit geringem allgemeinen Medienvertrauen unterscheiden. Dabei wird der Fokus auf die Mikroebene gelegt, d.h. auf individuelle, mediennutzungsunspezifische Prädispositionen, durch die das allgemeine Medienvertrauen begründet werden soll. Methodologisch ist die Untersuchung an dem Mixed-Methods-Ansatz orientiert und kombiniert qualitative und quantitative Zugänge in Form von leitfadengestützten Einzelinterviews (N=30) und einer Onlinebefragung (N=492). Eine latente Clusteranalyse ergab drei Cluster: die Verunsicherten, die Zufriedenen und die Verdrossenen. Die Verdrossenen besitzen das geringste allgemeine Medienvertrauen, gefolgt von den Verunsicherten; die Zufriedenen verfügen über das höchste allgemeine Medienvertrauen. Das Medienvertrauen kann für die Zufriedenen durch postmaterialistische Wertorientierung und Demokratiezufriedenheit, bei den Verunsicherten durch Offenheit, interpersonales Vertrauen, Demokratiezufriedenheit und subjektives Deprivationsempfinden erklärt werden. Für das Cluster der Verdrossenen hingegen ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge. Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass in Anbetracht der gegenwärtigen Diskussion über die Medien und ihre Leistungen individuelle Prädispositionen als Katalysatoren wirken können, die den Vertrauensrückgang in die Medien beschleunigen.