Immer mehr Menschen meiden bewusst die allgemeinen Nachrichten. Das ist ein Problem für die Demokratie, die von informierten Bürger:innen lebt, und für die Verläge, deren Geschäftsmodell von vielen Rezipient:innen abhängig ist. Viele Menschen begründen ihr Distanzierungsverhalten damit, dass die Nachrichten ihnen zu negativ seien, zu pessimistisch und problemorientiert. Konstruktiver Journalismus könnte diese Rezipient:innen dazu ermutigen, sich wieder häufiger Nachrichten zuzuwenden. Er hat seine Wurzeln in der Positiven Psychologie (Seligman, 2012). Konstruktive Journalismus richtet den Blick verstärkt in die Zukunft, sucht nach Lösungen für die dargestellten Probleme und integriert positive Emotionen, wie Hoffnung und Inspiration. Gemäß der Broaden-and-Build-Theory (Fredrickson, 2001) erweitern positive Emotionen das Denk- und Handlungsrepertoire. Konstruktiver Journalismus könnte über diese positiven und weniger stark negativen Emotionen der steigenden Nachrichtendistanzierung entgegentreten.
In einem quantitativen Online-Experiment (N = 569) mit zwei Experimentalgruppen wurde untersucht, inwieweit konstruktiver Journalismus im Gegensatz zu nicht-konstruktivem Journalismus auf Determinanten der Nachrichtendistanzierung wirkt. Für die Stimulusartikel wurde das gesellschaftlich relevante Thema der Landwirtschaft und Agrarpolitik aufgegriffen.
Die Ergebnisse zeigen, dass konstruktiver Journalismus positivere und weniger stark negative Emotionen hervorruft. Die Rezipient:innen bewerteten den konstruktiven Artikel besser, wollten eher in Zukunft ähnliche Artikel lesen und berichteten über eine höhere kollektive Wirksamkeitswahrnehmung, waren also überzeugter, dass die Gesellschaft die Probleme der Landwirtschaft lösen wird. Vor allem positive Emotionen mediieren diese Effekte. Die Ergebnisse zeigen, dass konstruktiver Journalismus einen positiven Einfluss auf die Determinanten der Nachrichtendistanzierung hat und zur Reduzierung der Nachrichtendistanzierung beitragen könnte.