Was verbindet Journalisten und ihr Publikum? Wie lässt sich ihre Beziehung beschreiben? Diese Fragen wurden in der Journalismusforschung bislang lediglich gestreift. Theoretische Erklärungsansätze und empirische Untersuchungen gehen kaum über einfache Vorstellungen und pragmatische Beobachtungen hinaus: Zum Teil wird vorschnell gefolgert, dass ein einseitiges Verhältnis oder eine Kluft zwischen Journalisten und Rezipienten vorliegt. Zielsetzung dieser Arbeit ist es, auf Basis der Systemtheorie und des Erwartungsbegriffs nach Luhmann neue Erklärungen zu gewinnen. Die systemtheoretischen Grundlagen werden zu einem Struktur-Erwartungs-Konzept erweitert, das anschließend auf Journalismus angewendet wird. Dabei wird zum einen der Begriff der Erwartungsstrukturen erhellt, der zentraler Baustein der Systemtheorie ist, bislang jedoch wenig Auseinandersetzung erfahren hat. Zum anderen wird gezeigt, dass abstrakte Erwartungsformen den Kitt zwischen Journalisten und ihrem Publikum bilden. Diese sind nicht direkt greif- oder erfragbar. Sie äußern sich in Arbeitstechniken und -routinen der Journalisten sowie in Rezeptionsmustern des Publikums – kurz, in journalistischen Kommunikationen und Handlungen. Abschließend werden in einer Analyse empirischer Studien zur Beziehung von Journalisten und Publikum deren theoretische und methodische Schwächen herausgestellt sowie Konsequenzen für eine zukünftige empirische Beschäftigung mit dem Verhältnis zwischen Journalisten und Rezipienten gezogen.
(K)ein Draht zum Publikum?
Eine systemtheoretische Annäherung an Erwartungsstrukturen im System Journalismus