Ein Vorwurf aus Medien und Wissenschaft lautet, das Aufkommen des Privatfernsehens gefährde den Qualitätsjournalismus. Ein Übergriff auf die Qualitätspresse werde durch diese Boulevardisierung vollzogen. Die Arbeit stellt die Frage, ob diese Kritik gerechtfertigt ist und woran Boulevardisierung formal, thematisch oder sprachlich erkennbar ist. Es wird gezeigt, dass die Merkmale von Boulevardisierung den Auffassungen der Wissenschaft über qualitativ hochwertigen Journalismus entgegenstehen und als Gefährdung der Qualitätspresse angesehen werden.
Die Merkmale wurden am Beispiel der überregionalen Qualitätszeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) anhand einer Langzeitanalyse von 1982 bis 2006 inhaltsanalytisch untersucht. Auf formaler Ebene wurde ein leichter Visualisierungs-Trend nachgewiesen, ohne eine Tendenz in Richtung weicher Themen. Das zentrale Ergebnis der inhaltlichen Untersuchung lautet, dass die Prominenz der weichen Themen steigt, die Dominanz der harten Themen aber deutlich besteht. Bei stilistischer Betrachtung der journalistischen Darstellungsformen wurden kaum Veränderungen festgestellt. Aus den Merkmalen wurde ein Boulevardisierungs-Index (BI) von 0 (nicht boulevardesk) bis 1 (hoch boulevardesk) gebildet. Mit einem durchschnittlichen BI von .18 kann die F.A.Z. nicht als boulevardeskes Medium eingestuft werden. Dass sich der BI insgesamt von .16 auf .20 erhöht, deutet eine Veränderung auf niedrigem Niveau an, die aber nicht als boulevardesk zu bewerten ist.
Im Seichten kann man nicht ertrinken? Boulevardisierung der überregionalen deutschen Qualitätspresse
Eine Inhaltsanalyse der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 1982-2006