„Wenn man kritisch zurückblickt, wenn man sich positiv abheben will von den Vätern, dann muss man auch bereit sein, ein nicht nur legitimatorisches Verhältnis zur eigenen Vergangenheit zu haben“, urteilte der Journalist Thomas Schmid über seinen damaligen Weggefährten Joschka Fischer. Anfang 2001 hatten Fotos, die den späteren Außenminister in den 1970-ern als Straßenkämpfer zeigten, eine Debatte ausgelöst.
1600 Artikel wurden mit einer Inhalts- und Argumentationsanalyse untersucht. Ergänzend wurden Gespräche mit Peter Boenisch, Herbert Kremp (ehem. Bild bzw. Welt-Chefredakteure), Thomas Schmid (FAZ-Journalist), Bettina Röhl und dem 68er-Experten Wolfgang Kraushaar geführt.
Die Debatte entsprach dem Modell des publizistischen Konflikts. Alle Printmedien nahmen Fischers Biografie zum Anlass, die 68-er allgemein zu thematisieren. Auffällig war, dass sich Zeitzeugen rege beteiligten. In der Beurteilung war jedoch der Gegenwartsbezug entscheidend: Wer sind heute Fischers Gegner bzw. Befürworter?
Am häufigsten wurde argumentiert, dass ein Straßenkämpfer nicht Außenminister werden dürfe. Darüber hinaus wurde Fischers Auftreten kritisiert. Seine Verteidiger sprachen von einer Kampagne der Opposition gegen die Regierung. Hier zeigt sich erneut der politische Charakter der Debatte. Fischer selbst rechtfertigte sein Verhalten mit einer Revolte für die Freiheit. War das legitimatorisch? Eine echte Vergangenheitsbewältigung leistete die Debatte nicht.
Im Netz der Medien
Der publizistische Konflikt um Joschka Fischer und das Erbe der 68-er