Gewerkschaftliche Streiks sind nicht erst seit kurzem ein umstrittenes Thema. Ungeachtet dessen, dass immer noch eine Mehrzahl der Menschen lohnabhängig beschäftigt ist und in vielen Branchen Tarifrunden mit Streiks stattfinden, gibt es nur sehr wenige Studien zur journalistischen Darstellung dieser Konflikte. Ein Großteil der Literatur beschränkt sich auf einzelne Streikereignisse in Nordamerika.
Die hier vorgestellte Studie schließt an die vorhandene Literatur an und untersucht, wie sich die Zeitungsberichterstattung über Streiks in den USA und Deutschland unterscheidet. Hierzu wurde eine quantitative Inhaltsanalyse der Tageszeitungen New York Times, USA Today, Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung durchgeführt. Die international vergleichende Perspektive zu diesem Thema stellt in der bisherigen Forschung ein Novum dar.
Zentrales Augenmerk der Untersuchung waren die Unterschiede in der diskursiven Opportunitätsstruktur des Themas Streiks in den beiden Ländern. Die diskursive Opportunitätsstruktur untergliedert sich in das Standing relevanter Akteur*innen und das Framing von Streikereignissen. Das Standing wurde über die Häufigkeit, mit der Akteur*innen direkt zitiert wurden, codiert. Die Frames wurden aus der vorhandenen Literatur entnommen, formalisiert und auf ihr Vorkommen überprüft.
Die wichtigsten Befunde sind, dass in Deutschland institutionalisierte Akteur*innen, wie Gewerkschaften oder Arbeitnehmer*innenverbände in der Zeitungsberichterstattung zu Streiks ein höheres Standing haben als Grassroots-Akteur*innen. In den USA verhält es sich umgekehrt: hier haben Grassroots-Akteur*innen (z. B. Arbeiter*innen oder Konsument*innen) ein höheres Standing als institutionalisierte Akteur*innen. Weiterhin hat sich herausgestellt, dass sich das Framing von gewerkschaftlichen Streiks – zumindest hinsichtlich den aus der Literatur entnommenen Frames – in den USA und Deutschland nicht unterscheidet. Es hat sich deutlich gezeigt, dass die standardisierte Untersuchung neuer Frames zum untersuchten Thema nötig ist.