Vor rund zehn Jahren war Facebook für viele Lokalredaktionen noch ein Fremdwort, obwohl die Arbeit mit dem sozialen Netzwerk zu dieser Zeit bei den überregionalen Medien schon zum Alltag gehörte. Doch dieses Bild hat sich gewandelt: Lokalredaktionen experimentieren damit, wie sie die Möglichkeiten der sozialen Medien und der dortigen Kommentare für die Verbreitung ihrer Inhalte nutzen können. Vor diesem Hintergrund lautete die zentrale Forschungsfrage: Inwiefern beeinflussen Facebook-Nutzerkommentare die lokaljournalistische Arbeit?
Dieser Frage wurde anhand einer Online-Befragung von Lokalredaktionen im Münsterland nachgegangen, wo circa 280 Lokaljournalist*innen in 33 Redaktionen arbeiten. Im Rahmen der Masterarbeit erhielten die Lokalredaktionen im Juli 2020 eine E-Mail mit dem Link zur Online-Befragung. 106 Personen haben den Link aufgerufen. Nach der Bereinigung des Datensatzes blieben 89 Fälle für die Datenanalyse. Die theoretische Grundlage bildete die Einordnung des (Lokal-)Journalismus als soziales System nach Blöbaum (1994), wobei der Fokus auf den journalistischen Arbeitsprogrammen zur Informationssuche, zur Selektion und zur Prüfung sowie der Rolle der Journalist*innen lag. Es wurde untersucht, inwieweit der Umgang mit Nutzerkommentaren zu einem Wandel der Arbeitsprogramme führt.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Befragten Facebook-Nutzerkommentare in ihren Arbeitsalltag, insbesondere in die Recherchearbeit, einbezieht. Das Potential der Kommentare als Informationsressource wird erkannt und genutzt. Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich die journalistischen Programme zur Informationssammlung und zur Prüfung gewandelt haben. Anders verhält es sich bei den Selektionsprogrammen. Die Auswertung zeigt, dass sich weder die Publikumsresonanz der eigenen Berichterstattung noch die gesteigerte Forderung nach Aktualität in den Kommentaren auf die Mehrheit der Lokaljournalist*innen auswirken. Zudem empfinden viele der Befragten die Arbeit mit Facebook als anstrengend und würden sie eher als „lästige Pflicht“ beschreiben. Allerdings erkennen Sie auch die positiven Aspekte, die der Nutzerdialog auf Facebook mit sich bringt. Den größten Nutzen eines Facebook-Profils der Redaktion sehen die Lokaljournalist*innen im Wettbewerb mit anderen Zeitungen.
Durch eine Clusteranalyse lassen sich die Befragten hinsichtlich ihres Umgangs mit Nutzerkommentaren in vier Gruppen einteilen: „Profi-Onliner“, „aufgeschlossene Gelegenheitsonliner“, „ablehnende Gelegenheitsonliner“ und „reine Print-Redakteure“. Hierbei ist besonders anzumerken, dass die „reinen Print-Redakteure“, die den Umgang mit Facebook-Nutzerkommentaren nicht praktizieren, die größte Gruppe ausmachen. Insgesamt ist es aber nur eine der Gruppen, in der Nutzerkommentare keinen Einfluss auf den Arbeitsalltag haben.