transfer 29(1) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Echter Krimi

Eine qualitative Studie über die Bedeutung von True Crime-Inhalten in den Lebenswelten weiblicher Rezipientinnen

Die große Beliebtheit des True Crime-Genres und insbesondere die Faszination bei weiblichen Rezipientinnen wird zunehmend zum Gegenstand der kommunikationswissenschaftlichen Rezeptions- und Aneignungsforschung. Diese Bachelorarbeit untersucht anhand der Aspekte Nutzungsgewohnheiten, Nutzungsmotive und Aneignungspraktiken, welche Bedeutung die True Crime-Inhalte in den Lebenswelten von Frauen haben.

Die Forschungsarbeit betrachtet aus einer nutzerorientierten Perspektive die Medienaneignung in mediatisierten Lebenswelten und basiert auf einem theoretischen Rahmen, der sich aus dem Domestizierungsansatz und dem Medienrepertoire-Ansatz speist. Der Domestizierungsansatz beleuchtet, wie Medieninhalte in den Alltag integriert werden, während der Medienrepertoire-Ansatz die Gesamtheit der genutzten Medienangebote analysiert und in den Kontext individueller Nutzungsmuster setzt. Ergänzend werden klassische Wirkungstheorien herangezogen, um mögliche Einflüsse von Mediengewalt auf die Rezipientinnen zu diskutieren. Die empirische Grundlage bilden sieben problemzentrierte Interviews mit Frauen unterschiedlichen Alters und variierender Nutzungsmuster. Sie wurden gezielt ausgesucht, um ein breites Spektrum an Perspektiven abzubilden. Die erhobenen Daten wurden mittels inhaltlich strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Rezeption von True Crime-Inhalten oft in bestehende Alltagsroutinen integriert wird, jedoch in unterschiedlichem Umfang und mit variierender Intensität der Auseinandersetzung. Bei den Nutzungsmotiven zeigt sich eine Kombination aus Information und Unterhaltung, wobei das persönliche Wohlbefinden eine zentrale Rolle spielt. Es ist eine Gratwanderung zwischen Faszination und Beklemmung, insbesondere bei der Rezeption von Fällen, die als besonders grausam oder nah an der eigenen Lebensrealität empfunden werden. Gleichzeitig wurde anhand der Ergebnisse deutlich, dass die Faszination für True Crime-Inhalte häufig mit einem echten Interesse an Kriminalität, Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Strukturen verknüpft ist. Für viele bieten True Crime-Inhalte einen informativen Mehrwert und werden zu einem Bestandteil ihres lebensweltlichen Wissensvorrats, der ihnen Orientierung im Alltag gibt. Die Rezeption stärkt bei einigen das Gefühl, auf potenzielle Gefahren besser vorbereitet zu sein, da sie sich für Risiken und mögliche Schutzstrategien sensibilisiert fühlen.

Zwischen Alter, Nutzungsintensität oder Nutzungshäufigkeit und der Wahrnehmung der Inhalte konnten im Rahmen dieser Studie keine eindeutigen Zusammenhänge festgestellt werden – vielmehr beeinflussen individuelle Faktoren die Aneignungsprozesse. Daher kommt die Arbeit in der Diskussion zu dem Ergebnis, dass es weniger um eine allgemeingültige Bedeutung von True Crime-Inhalten geht, sondern vielmehr um eine individuelle Zuschreibung, die sich je nach Intensität der Auseinandersetzung, Lebenssituation, persönlichen Erfahrungen, Ängsten und emotionaler Verarbeitung unterscheidet.

Diese Bachelorarbeit liefert wertvolle Erkenntnisse zur individuellen Bedeutung von True Crime-Inhalten in mediatisierten Lebenswelten und bietet Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschung zur gesellschaftlichen Relevanz des Genres sowie zur subjektiven Verarbeitung medialer Gewaltinhalte.