Formen von kollektivem Verhalten haben sich in den letzten Jahren stark ausdifferenziert. Beispielsweise zeigt sich auch die kollektive Beteiligung, die im Rahmen der Black Lives Matter-Bewegung (BLM) ausgeführt wird, nicht mehr „nur“ durch das Protestieren auf der Straße, sondern auch immer mehr durch Engagement in den sozialen Medien. Häufig wurden dabei auch Stimmen laut, die vor allem den globalen Online-Aktivismus und dessen zugrundeliegende Motive kritisch hinterfragen.
Die Entscheidung, sich offline und/oder online kollektiv zu verhalten, wird häufig nicht ausschließlich von Individuen selbst getroffen, sondern ist auf verschiedene soziale Einflüsse zurückzuführen. Ob die kollektive Handlungsbereitschaft im Kontext der BLM-Bewegung durch die Identifikation mit einer bestimmten sozialen Gruppe (Soziale Identität) und eine hohe Anzahl an Popularitätshinweisen (Popularität) beeinflusst wird, wurde in dieser Studie untersucht. Weiterhin interessierte, ob diese Faktoren beeinflussen können, wie viel Aufwand Menschen bereit sind, in kollektive Handlungen zu investieren – also ob sie unterschiedlich stark bereit sind, sich risikoarm (online) oder bedeutungsvoll (offline) kollektiv zu verhalten. Theoretisch baut die bilateral konzipierte Arbeit daher einerseits stark auf dem Social Identity Model of Collective Action (SIMCA; van Zomeren et. al., 2008), andererseits auf theoretischen Ansätzen zu Popularitätshinweisen auf. Ebenfalls wurde untersucht, welche Bedingungen (Soziale Vernetztheit) und Motive (Impression Management) mit möglichen Effekten verknüpft sein könnten.
Die aus der Theorie und Forschungsstand gewonnenen Hypothesen und Fragen wurden nachfolgend in einer experimentellen (2 x 2; n = 248) Online-Befragung geprüft.
Wider Erwarten konnten keine signifikanten Einflüsse durch die Soziale Identität oder Popularität auf die kollektive Handlungsbereitschaft festgestellt werden. Jedoch zeigen sich spannende Tendenzen von Sozialer Vernetztheit und Impression Management-Motiven auf die Bereitschaft zu kollektivem Verhalten online und offline. Vor allem Letztere geben Hinweise darauf, welche persönlichen Motive beeinflussen können, wie viel Aufwand Individuen bereit sind, in ihre kollektiven Handlungen zu investieren.