Das Auftreten des Third-Person-Effektes ist in den vergangen Jahren in zahlreichen Studien bestätigt worden. Danach tendieren Menschen dazu, die Wirkung von unerwünschten (negativen) Medieninhalten auf andere stärker einzuschätzen als auf die eigene Person. Bislang wurde jedoch nicht hinreichend geklärt, woraus die Diskrepanz zwischen der Selbst- und der Fremdwahrnehmung resultiert – aus einer Überschätzung der Wirkung der Medien auf andere, aus einer Unterschätzung der Medieneffekte auf die eigene Person oder aus einer Mischung aus beidem.
In der Untersuchung wurde ein indirekter Weg gewählt, um die Forschung hinsichtlich der Quelle der Third-Person-Wahrnehmung voranzutreiben. Dieser bestand in der Identifizierung der psychologischen Ursachen der möglichen Über- bzw. Unterschätzung. Zwei Hauptannahmen lagen zugrunde: Erstens wurde erwartet, dass die Überschätzung der Wirkung auf andere Menschen eine Folge der Misanthropie der Urteilenden ist. Zweitens wurde mit Blick auf die Unterschätzung der Medieneffekte auf die eigene Person angenommen, dass diese eine Folge der Illusion der Unverwundbarkeit ist.
Die Ergebnisse der schriftlichen Befragung widerlegten jedoch beide Vermutungen: Die Third-Person-Wahrnehmung war weder durch das Merkmal Misanthropie noch durch das Merkmal Illusion der Unverwundbarkeit hinreichend erklärbar. Die Befunde lassen jedoch darauf schließen, dass die psychologische Variable Misanthropie dann eine Ursache der diskrepanten Wahrnehmung sein kann, wenn es sich um eine sozial unerwünschte (negative) Medienwirkung handelt.