transfer 29(1) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Die Temptation der Reality Shows

Rezeptionsmotivation von Reality-TV-Vielsehenden

Reality-TV hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem festen Bestandteil der Fernsehlandschaft entwickelt und erfreut sich insbesondere bei jungen Erwachsenen großer Beliebtheit. Diese Bachelorarbeit untersucht die Rezeptionsmotivation Vielsehender von performativen Reality-TV-Formaten im deutschen Kontext und legt dabei den Fokus auf Personen im Alter von 18 bis 30 Jahren. Ziel der Arbeit ist es, die Beweggründe und Bedürfnisse zu analysieren, die hinter dem regelmäßigen Konsum solcher Formate stehen, sowie deren gesellschaftliche und psychologische Implikationen zu beleuchten.

Der theoretische Rahmen basiert auf drei zentralen Ansätzen: dem Uses-and-Gratifications-Ansatz, der Mediatisierungstheorie und dem Konzept der parasozialen Beziehungen. Der Uses-and-Gratifications-Ansatz hebt hervor, dass Medien zur Befriedigung individueller Bedürfnisse genutzt werden. Allerdings wird kritisiert, dass dabei unbewusste soziale und kulturelle Einflüsse oft unterschätzt werden. Die Mediatisierungstheorie zeigt, wie Medien zunehmend den Alltag und soziale Interaktionen prägen, während das Konzept der parasozialen Beziehungen erklärt, warum Zuschauer emotionale Bindungen zu Reality-TV-Teilnehmenden aufbauen.

Methodisch stützt sich die Arbeit auf qualitative Leitfadeninterviews mit sechs häufig Rezipierenden. Die Auswahl der Teilnehmenden erfolgte gezielt anhand ihrer intensiven Nutzung performativer Reality-TV-Formate, um detaillierte Einblicke in deren Rezeptionsmotive zu erhalten. Die Interviews wurden mithilfe einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass Reality-TV vor allem aus Gründen der Unterhaltung, des Eskapismus, sozialer Interaktion und Neugier konsumiert wird. Besonders geschätzt werden dramatische Momente, zwischenmenschliche Konflikte und romantische Verwicklungen – beispielsweise hitzige Auseinandersetzungen in Formaten wie „Temptation Island“ oder „Der Bachelor“, bei denen Intrigen und Loyalitätsbrüche zentrale Spannungselemente darstellen. Während Grenzüberschreitungen wie Gewalt und Mobbing von einigen Rezipierenden als unterhaltsam empfunden werden, bewerten andere sie kritisch und lehnen sie ab. Insgesamt zeigt sich eine ambivalente Haltung, wobei ein bewusster Umgang mit ethischen Grenzen innerhalb des Genres gefordert wird.

Die Arbeit liefert wertvolle Erkenntnisse über die Mediennutzung junger Rezipierender und bietet Impulse für die ethische Gestaltung zukünftiger Reality-TV-Formate. Künftige Untersuchungen könnten die Ergebnisse dieser Arbeit erweitern, indem sie die Rezeption in anderen Altersgruppen, den Einfluss neuer Technologien oder kulturelle Unterschiede untersuchen.