transfer 12(1) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Der unbekannte Rezipient

Wer liest polnischsprachige Zeitschriften in Deutschland? Eine Leserschaftsanalyse

Die Arbeit untersucht Leser von in Deutschland erscheinenden polnischsprachigen Zeitschriften. Die Ergebnisse stützen sich auf eine quantitative Befragung unter den Rezipienten des Wochenblatts „Angora“ und der 14-tägigen Zeitschrift „Samo Życie“.
Wie die Auswertung von 623 Fragebögen zeigt, werden beide Blätter vor allem von polnischen Aussiedlern gelesen, von Männern wie von Frauen im durchschnittlichen Alter von Mitte/Ende vierzig mit mittlerer bis höherer Bildung. Die Leser verkehren in einer deutsch-polnischen Lebenswelt: Sie leben (dauerhaft) in Deutschland und fühlen sich Polen verbunden. Ihre deutsche Identität entfalten sie in der Öffentlichkeit und im Beruf, während ihr Privatleben überwiegend polnisch geprägt ist. Entsprechend gebrauchen sie in ihrem Alltag beide Sprachen. Ihre Mediennutzung wird zwar vom deutschen Rundfunk dominiert, sie konsumieren ergänzend jedoch auch Medien in ihrer Muttersprache. Sie möchten nämlich genauso gut über polnische wie über deutsche Themen informiert sein.
Bei den Lesern besteht Einigkeit darüber, dass die deutsche Presse zu wenig und zu negativ über Polen berichtet. Auf der anderen Seite vermissen sie in der (importierten) polnischen Presse Aktuelles aus Deutschland sowie Ratgeber für den deutschen Alltag. „Angora“ und „Samo Życie“ halten sie zugute, dass sie polnische und deutsche Themen vereinen. Die Befragten rezipieren eine polnischsprachige Zeitschrift, weil sie Polnisch sehr gut beherrschen – besser als Deutsch.