Fleisch ist für viele Menschen wegen des Nährstoffgehalts und des Geschmacks ein wichtiger Teil der Ernährung. Der Großteil des konsumierten Fleischs kommt aus industrieller Massentierhaltung, in der Tiere oftmals an Stress, Krankheiten oder Verletzungen leiden. Den meisten Menschen ist das Tierwohl wichtig und sie wollen Tieren nicht schaden, tun dies aber indirekt durch ihr Essverhalten. Wenn Fleischkonsument*Innen dieses „Fleisch-Paradoxon“ bewusst wird, erleben sie kognitive Dissonanz.
Das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit ist es, zu untersuchen, inwiefern Ernährungskommunikation zu dieser fleischbezogenen kognitiven Dissonanz führt. Dabei wurde ein Einfluss der Höhe der Inkonsistenz von Einstellung und Verhalten auf die Stärke der kognitiven Dissonanz vermutet. Außerdem wurde vermutet, dass bestimmte Strategien zur Reduzierung der kognitiven Dissonanz angewendet werden. Dies wurde mithilfe einer quantitativen, experimentellen Online-Befragung überprüft, in deren Rahmen die Teilnehmer*Innen (n = 464) entweder einen Artikel über Tierleid in der Massentierhaltung oder einen Kontrollartikel gelesen haben. Die Datenanalyse zeigte, dass die Rezeption des Artikels der Ernährungskommunikation zu einem höheren negativen Affekt führte als der Kontrollartikel, was auf kognitive Dissonanz hinweist. Die Höhe der Inkonsistenz von Einstellung und Verhalten hatte keinen Einfluss auf die Stärke der kognitiven Dissonanz. Wie erwartet waren Teilnehmer*Innen mit einer stärkeren kognitiven Dissonanz eher dazu bereit, in Zukunft weniger Fleisch zu essen. Entgegen den Erwartungen führte eine stärkere kognitive Dissonanz zu weniger Zustimmung zu Rechtfertigungen des Fleischkonsums und einer höheren Einschätzung der mentalen Kapazitäten von Schweinen. Die Ergebnisse werden mit Bezug auf die Theorie der kognitiven Dissonanz und bisherige Forschung zum Fleisch-Paradoxon interpretiert. Implikationen für Akteure der Ernährungskommunikation werden diskutiert.