Die These einer Boulevardisierung von Fernsehnachrichten lässt sich bis Mitte der 80er Jahre, der Einführung des dualen Rundfunksystems, zurückverfolgen. Dennoch wird in der Fernsehnachrichtenforschung die Problematik der Boulevardisierung nur peripher thematisiert. In den meisten vergleichenden Fernsehnachrichtenstudien werden zwar Teilaspekte von Boulevardisierung (z.B. Entpolitisierung, Personalisierung) untersucht, den Fernsehnachrichten auf dieser Basis jedoch Boulevardisierung zu attestieren, wird hier als höchst fraglich angesehen, da den Studien kein umfassendes Konzept von Boulevardisierung zu Grunde liegt.
Mit der vorliegenden Arbeit wurde der Versuch unternommen, diese Forschungslücke zu schließen. Das von Donsbach und Büttner (2005) entwickelte – und als erschöpfend angesehene – Boulevardisierungskonzept wurde erstmals auf jeweils vier Gesamtausgaben der Hauptnachrichtensendungen von ARD, ZDF, RTL und SAT.1 des Jahres 2003 inhaltsanalytisch angewendet.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Fernsehnachrichten der privaten Sender eher zur Boulevardisierung tendieren als die der öffentlich-rechtlichen Sender. Von einer „Boulevardisierungskluft“ zwischen beiden Anbietern kann aber nicht gesprochen werden, da auch für die „heute“-Sendung einige Befunden auf Boulevardisierungstendenzen hinweisen. Lediglich die Tagesschau lässt sich überwiegend von den anderen untersuchten Fernsehnachrichten abgrenzen, weshalb ihr eine Sonderstellung attestiert werden kann.
Boulevardisierung von Fernsehnachrichten
Eine inhaltsanalytische Untersuchung der
Hauptnachrichtensendungen von ARD, ZDF, RTL und SAT.1