Diese Arbeit unternimmt den Versuch, den Begriff des Geschmacks in seiner Multidimensionalität für die Analyse von Mediennutzung fruchtbar zu machen und seine soziale und zeitliche Bedingtheit am Beispiel der Musiknutzung im Radio aufzuzeigen. Ansätze aus der Musik- und Lebensstilsoziologie, aus der Musikpsychologie und insbesondere die Habitustheorie Pierre Bourdieus werden dazu mit Konzepten der Lebensverlaufsforschung und Sozialisationstheorie verbunden. In einer kohortenanalytischen Sekundärauswertung der Studie Massenkommunikation werden Wandel und Konstanz des Musikgeschmacks im Lebensverlauf, in der Kohortenfolge und in der historischen Entwicklung empirisch untersucht. Diese drei grundlegenden Zeitvariablen werden dabei hinsichtlich ihres Charakters als Indikatoren sowie in ihrem Zusammenhang mit der Sozialstruktur analysiert. Sowohl die historische Zeit als auch die Kohortenzugehörigkeit und das Lebensalter erklären Unterschiede in der Musiknutzung. Die nähere Analyse zum Lebensverlauf ergibt Veränderungen im frühen Erwachsenenalter, die unabhängig von Berufseintritt oder Studium sind. Ferner fanden sich Einflüsse des Familienstandes und des Renteneintritts, jeweils in Verbindung mit einem bestimmten sozialen Status. Die Bildungsexpansion als Kohortenphänomen führt nicht zu einer proportionalen Zunahme hochkultureller Aktivitäten wie dem Hören klassischer Musik.