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Zwischen „Zeitvertreibs-Clowns“ und „gutem Vorbild“

Eine Mehrmethodenstudie über das Rollenselbstverständnis und Rollenhandeln von Influencerinnen in der COVID-19-Pandemie

Sie sind erfolgreich, sie haben Einfluss und sie haben scheinbar keine Skrupel, ihre privilegierte Position in einer Pandemie auszunutzen: Influencer*innen gelten als die neuen Celebrities im Social Web – und seit der COVID-19-Pandemie auch als Antiheld*innen in Sachen Solidarität. Die reichweitenstarken Persönlichkeiten schmücken sich für gewöhnlich mit Attributen wie Glaubwürdigkeit und Authentizität, weshalb sie von immer mehr Unternehmen als gewinnbringende Werbegesichter eingesetzt werden. Doch seit Beginn der Coronakrise stehen Influencer*innen zunehmend in der Kritik. Zu unverantwortlich würden sie mit der Krisenlage umgehen und ein schlechtes Vorbild für ihre Follower*innen sein.

Solche Vorwürfe stellen zunehmend die Rolle von Influencer*innen als Kommunikator*innen in Frage. Denn aufgrund ihrer Reichweite und ihrem Beeinflussungspotenzial wird ihnen eine große Verantwortung zugeschrieben – sowohl im zwischenmenschlichen als auch wirtschaftlichen Kontext. Es stellt sich die Frage, welche Rolle Influencer*innen in einer Krisenlage wie der COVID-19-Pandemie einnehmen und wie sich dies in ihrem Handeln zeigt.

Der Arbeit liegt die theoretische Betrachtung des Phänomens „Influencer“ zugrunde. Vor dem Hintergrund ihrer sozialen sowie wirtschaftlichen Relevanz werden die unterschiedlichen Rollen von Influencer*innen erläutert. Auf dieser Basis werden Herausforderungen und Anpassungsstrategien diskutiert, die sich durch die COVID-19-Pandemie für Influencer*innen ergeben.

Die Forschungsfragen wurden mithilfe einer Methodenkombination aus quantitativem und qualitativem Vorgehen betrachtet: Eine vergleichende Inhaltsanalyse von Instagram-Posts vor und während der Pandemie gibt einen Einblick in die Veränderungen des praktischen Vorgehens der zwölf rekrutierten Influencerinnen. Durch Interviews mit den Verfasserinnen dieser Posts wurde das Rollenselbstverständnis und Anpassungsstrategien an die Coronakrise erfragt.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Rollenselbstverständnis der untersuchten Influencerinnen während der COVID-19-Pandemie nicht grundsätzlich verändert, sondern viel mehr durch äußere Faktoren ins Wanken gerät und von einer großen Unsicherheit geprägt ist. Die Influencerinnen befinden sich in einem Balance-Akt zwischen Unterhaltungs- und Vorbildfunktion: Obwohl sie bezüglich ihrer Vorbildfunktion verunsichert sind, versuchen sie so gut es geht, die Erwartungen ihrer Community zu erfüllen und nach außen hin ihre Rolle als Bezugspersonen und Inspiratorinnen aufrecht zu erhalten.