Herkunftsnennungen in der Kriminalberichterstattung, d.h. bspw. die Nennung der Nationalität, Kontinentalherkunft oder des Aufenthaltsstatus von Verdächtigen oder Täter*innen, werden seit Jahren kontrovers diskutiert. Befürworter*innen, darunter auch Rechtspopulist*innen, zielen mit der Nennung von Herkünften auf (vermeintliche) Transparenz in der Berichterstattung ab. Kritiker*innen verweisen hingegen auf vorurteilsbildende Wirkungen. Journalist*innen befinden sich in diesem Spannungsfeld und müssen zudem Publikumserwartungen berücksichtigen, um publizistische Erfolge sicherzustellen und ökonomisch zu handeln.
Dittrich und Klimmt (2021) analysierten diese Entwicklung für deutsche Qualitätszeitungen in einer Inhaltsanalyse. Die vorliegende Arbeit repliziert ihre Studie an der Kriminalberichterstattung von Online-Boulevard-Medien. Dazu wurden insgesamt 456 Instagram-Beiträge der Bild und der Kronen Zeitung aus den Jahren 2017 bis 2021 inhaltsanalytisch untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass auch in diesen Beiträgen Herkünfte regelmäßig und zu nehmend berichtet wurden. Herkunftsnennungen erfolgten dabei nicht nur bei Schwerverbrechen oder bei einer Beteiligung prominenter Personen, wie es der deutsche Pressekodex als Voraussetzung einer Herkunftsnennung definiert. Auffällig war, dass Herkunftsnennungen eher bei ausländischen Verdächtigen oder Täter*in nen eingesetzt wurden. Das ist vor dem Hintergrund vorurteilsbildender Wirkungen besonders problematisch und stellt die Argumentation, mit Herkunftsnennungen Transparenz über Kriminalität herstellen zu wollen, in Frage. Zudem sollte diskutiert werden, ob die Presseräte ausreichend Einfluss besitzen, um ihre eigenen Richtlinien durchzusetzen.