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Zwischen Auftrag, Anspruch und Arbeitsrealität

Deutsche Auslandskorrespondenten in Lateinamerika und Subsahara-Afrika

Auslandskorrespondenten konstruieren Bilder von Ländern und Kulturen, prägen den öffentlichen Diskurs und das Weltwissen der Rezipienten. Da letztere kaum über Primärerfahrungen mit Ländern Subsahara-Afrikas und Lateinamerikas verfügen, kommt Korrespondenten hier eine besondere Verantwortung zu. Gleichzeitig scheint ihr Stand in den medial marginalisierten Regionen schwierig; in der Forschung werden zahlreiche Defizite der Berichterstattung beklagt.
Die Arbeit fragt, ob deutsche Auslandsberichterstattung derzeit einen Beitrag zu interkultureller Verständigung leisten kann und will und unternimmt eine Bestandsaufnahme von Auftrag, Anspruch und Arbeitsrealität der Korrespondenten. Dabei werden kulturhistorisch-gesellschaftliche, organisatorisch-institutionelle und individuelle Aspekte berücksichtigt und die Potentiale alternativer Journalismusansätze (Friedensjournalismus, Dialogischer Journalismus) diskutiert.
Eine qualitative Befragung von 10 Korrespondenten, einem Auslandsredakteur und drei „alternativen Kommunikatoren“ zeigt, dass die Berichterstattung unter den gegebenen Umständen kaum zur Orientierung und interkulturellen Verständigung beitragen kann: Die Korrespondenten verstehen sich zwar als verständigungsorientierte Sinnübersetzer und sind damit mehr als Journalisten. Dennoch werden interkulturelle Kompetenzen von den Redaktionen nicht gefördert und gefordert und die Komplexität der Berichtsgebiete steht dem Sparzwang in der Auslandskorrespondenz gegenüber.