In der aktuellen Corona-Pandemie bestimmen Wissenschaft und wissenschaftliche Erkenntnisse nicht nur den medialen, sondern auch den individuellen Alltag. Wissenschaftsdisziplinen beschäftigen sich mit verschiedenen Teilbereichen des Lebens und können Handlungsempfehlungen sowie Erkenntnisse über unterschiedliche Dinge produzieren. Kommen Personen mit Wissenschaft in Kontakt, beispielsweise wenn sie selbst ein Fach studieren, können sie zeitgleich Meinungen über das Fach und auch andere Fächer ausbilden. Dabei kommt die Frage auf: Was verstehen Studierende unter ‚der Wissenschaft‘? Und wird dabei jede Wissenschaft als relevant für die Gesellschaft eingestuft? Diese Arbeit betrachtet nicht das viel erforschte ‚System Wissenschaft‘, sondern die vier Fachkulturen (Lebens-, Natur-, Ingenieur- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften) und wie sich das Ansehen dieser unterscheidet. Stellvertretend für die Fachkulturen werden die Fächer Medizin, Maschinenbau, Soziologie und Biologie untersucht. Zielgruppe der Studie stellen Studierende und Akademiker*innen dar, um eine grundlegende Kenntnis über verschiedene Disziplinen voraussetzen zu können.
Als Operationalisierungssgrundlage dient das Konzept ‚Reputation‘, synonym auch Ruf oder Ansehen, aus der Unternehmenskommunikation und wird für die Zwecke der Arbeit von der wirtschaftlichen in die wissenschaftliche Sphäre übertragen. Die individuell vorliegenden Reputationen von Medizin, Maschinenbau, Soziologie und Biologie können Aufschluss darüber geben, welche Fächer als relevant und unterstützungswürdig für die Gesellschaft eingestuft, welche Studiengänge engen Freund*innen empfohlen oder welche medialen Inhalte über wissenschaftliche Themen rezipiert werden. Ziel dieser Arbeit ist es, nicht nur Reputationsunterschiede der vier Fächer festzustellen, sondern auch Einflussfaktoren auf diese auszumachen. Als Einflüsse werden das Geschlecht, das eigene Studium, die akademische Laufbahn der Familie, das individuelle Interesse, die genutzten Medien und die darin wahrgenommene Reputation der Fächer sowie die Meinung des sozialen Umfelds, in Form von Eltern, Geschwistern und Freund*innen, ausgemacht.
Die Erhebung erfolgt mithilfe einer standardisierten Online-Befragung (N=300), deren Daten deskriptiv sowie anhand von linearen Regressionsmodellen ausgewertet werden. Festzuhalten ist, dass nur geringe Reputationsunterschiede zwischen den vier Fächern vorliegen. Das Fach, in welchem am meisten Einigkeit vorliegt, ist Medizin, die größten Diskrepanzen sind im Fach Soziologie festzustellen. In Bezug auf die Einflussfaktoren spielt das Geschlecht nur im Fach Soziologie eine ausschlaggebende Rolle und der soziale Einfluss – wie die erlebte Meinung im Freundeskreis – überschattet das in den Medien wahrgenommene Stimmungsbild. Zudem beeinflussen sich die Reputationen der Fächer gegenseitig und sind nicht ohne einander zu denken. Was ein*e Student*in also über ein Fach denkt, wirkt sich ebenfalls auf das Ansehen anderer Fächer aus. Auf Grundlage dieser Arbeit können tiefergehende, explorative sowie qualitative Vorgehen angeknüpft werden.