transfer 13(2) » Rezeptions- und Wirkungsforschung

Warum gehen Senioren nicht ins Kino?

Eine qualitativ-explorative Analyse der Nutzungsmotive und -bedürfnisse

Ältere Schweizer nutzen Kino viel weniger als jüngere. Es gibt Autoren, die dies mit wachsendem Zeitmangel im Alter erklären. Für Senioren nach der Berufsaufgabe ist dieses Argument aber zu einfach. Daher fragt die vorliegende Studie, welche anderen Gründe es für die Kino-Nichtnutzung von Senioren gibt.
In sechs Gruppendiskussionen zu je vier bis sechs Männern und Frauen über 55 wurden die Motive der Nichtnutzung und der Nutzung von Kino ermittelt. Auch Aspekte der Kinobiographie sowie Bedürfnisse, Angebot und Feedbackmöglichkeiten für Senioren wurden thematisiert. Die Senioren wurden nach Geschlecht, Alter und Wohnsituation aufgeteilt.
Eine Inhaltsanalyse der Diskussionen nach dokumentarischer Methode führte unter anderem zu folgenden Ergebnissen: Der Kinobesuch hat für Senioren eine starke soziale Komponente. Zwar gehen manche auch allein ins Kino, dann erwarten sie aber vor Ort weiteres Publikum. Zu Informationszwecken über Kino spielt ausserdem Mund-zu-Mund-Propaganda eine wichtige Rolle. Allerdings ist der Kinobesuch für Senioren zeitlich, finanziell, organisatorisch und sicherheitstechnisch aufwändig. Weitere Hindernisse für den Kinobesuch sind Fremdsprachen, zu laute sowie gewalt- und sexlastige Filme, zuviel Werbung und Vorschauen sowie fehlende Treppenalternativen und schlechte Belüftung. Beliebt sind auch deshalb Openair-Kinos. Schliesslich wünschen sich Senioren vor allem, dass Kinos mit Atmosphäre, speziellem Filmangebot und leiseren Filmen erhalten bleiben.