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Verzerrung in Medienberichten

Untersuchung zum Potenzial automatisierter Media-Bias-Detektion in redaktionellen Entscheidungsprozessen

In Zeiten aufgeladener öffentlicher Debatten sind Medienbetriebe, aber auch einzelne Journalist:innen immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, nicht objektiv (genug) zu berichten. Das Phänomen einer verzerrten oder tendenziösen Berichterstattung wird gemeinhin als Media Bias bezeichnet. Die Media Bias Group, ein Zusammenschluss von Forschenden, entwickelt KI-Modelle, die Media Bias automatisiert detektieren sollen. Im Rahmen der Bachelorarbeit wird der Forschungsstand Journalist:innen präsentiert, die sodann ihre Einschätzungen zu Phänomen, Modell und ausgewählten Ergebnissen abgeben sollen. Im theoretischen Teil der Arbeit wird neben den grundsätzlichen Qualitätsdimensionen im Journalismus das Phänomen Media Bias sowie die automatisierte Detektion von Media Bias beleuchtet.

Die Forschung wurde mittels qualitativer Leitfadeninterviews mit Expert:innen durchgeführt. Neben der Sicht auf das Phänomen Media Bias sollte auch die Wahrnehmung der Qualität solcher Detektionsmodelle erfragt werden. Weiterhin sollten die Befragten potenzielle Anwendungsbereiche in den Redaktionen nennen. Um Einschätzungen zur Qualität und Anwendbarkeit der Modelle zu erhalten, wurden den Befragten sowohl gelabelte Beispielsätze der Media Bias Group als auch eigene Textbeispiele vorgelegt, die mittels ChatGPT (GPT-4o mini) hinsichtlich Media Bias gelabelt wurden.

Die Ergebnisse machen deutlich, dass das Phänomen Media Bias in den Redaktionen zwar eher selten konkret diskutiert wird, die Journalist:innen aber gleichwohl einen sehr differenzierten Blick auf Verzerrungen in der Berichterstattung haben. Hinsichtlich der eigenen Arbeit sind sie selbstkritisch und sehen sich selbst, wenngleich unbewusst und unbeabsichtigt, der Gefahr eines Bias ausgesetzt. Da die Befragten zwischen versehentlichen und beabsichtigten Bias unterscheiden, sehen sie das Phänomen als verschieden problematisch an.

Gegenüber der Integration von Detektionsmodellen in den journalistischen Alltag zeigen die Befragten eine hohe Bereitschaft und sehen einen großen potenziellen Nutzen. So könnten Modelle genutzt werden, um Texte vor der Veröffentlichung auf Bias zu prüfen und gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen. Gleichwohl wünschen sich die Befragten eine kritische Begleitung sowie eine hohe Transparenz bei der Entwicklung der Modelle.