Der Journalist und Historiker Walter Hagemann wurde 1946 Leiter des Instituts für Zeitungswissenschaft in Münster. Das Fach war in einer Krise: Nach der Instrumentalisierung im Dritten Reich musste es seine Weiterexistenz rechtfertigen und den Neubeginn schaffen.
Die Arbeit befasst sich mit dem Fachverständnis Hagemanns: Wie sah er die Position des Faches in den Wissenschaften, was als Formal- und Materialobjekt, als Ziel und geeignete Methodik? Relevant ist die Frage nicht nur durch seinen Status als Seiteneinsteiger, der das Fach quasi neu erfinden musste, sondern auch durch die Entwicklungsgeschichte der historiographisch-deskriptiven Disziplin zur sozialwissenschaftlichen Wende.
In Anlehnung an wissenschaftssoziologische Erkenntnisse wird die Auffassung vertreten, dass das Fachverständnis nicht ohne gesellschaftliche und soziale Einflüsse erklärbar ist. Die Analyse basiert daher auf einem Kategoriensystem mit den Dimensionen Gesellschaft und Mediensystem, Biografie, akademisches Umfeld und Fachverständnis. Quellen sind wissenschaftliche Schriften Hagemanns und Sekundärtexte, wobei über ihn nur wenig Material verfügbar ist, bedingt durch die Brisanz seiner späteren Flucht in die DDR.
Wichtige Verdienste wurden so verdrängt: Die Arbeit zeigt, wie Hagemann das Fach inhaltlich und institutionell systematisierte, sich in der Theorieentwicklung der sozialwissenschaftlichen Auffassung näherte und mit frühen empirischen Studien Basisarbeit für die weitere Fachentwicklung leistete.
Verdrängter Fortschritt
Das Fachverständnis von Walter Hagemann