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The Show Must Go On(line)?

Eine qualitative Untersuchung der Kennzeichen virtueller Live-Musikfestivals als neue Form der Veranstaltungskultur im Rahmen des Liveness-Konzepts

Vom lokalen Auftritt bis zum globalen Festival werden Musikformate heute gestreamt, geteilt, hochgeladen, heruntergeladen, angesehen und erneut angesehen. Die bisher bekannten Strukturen von populären Musikfestivals werden aufgelöst und die physischen Aspekte von Zeit und Gemeinschaft herausgefordert, während sich zugleich neue Chancen eröffnen. Der Einfluss des gesellschaftlichen Kontextes, in welchem Festivals stattfinden, wird anhand des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie 2020 deutlich. Aufgrund des damit einhergehenden Verbots physischer Veranstaltungen wurden, neben einer Vielzahl von Veranstaltungen, auch populäre Musikfestivals virtuell ausgetragen. Die Show musste weitergehen: The Show Must Go On(line).

Um die Relevanz und (möglichen) Auswirkungen virtueller Live-Musikfestivals auf die Veranstaltungskultur zu ergründen, besteht das forschungsleitende Ziel dieser Masterarbeit darin, zu untersuchen, was virtuelle Live-Musikfestivals als neue Form der Veranstaltungskultur im Rahmen des Liveness-Konzepts kennzeichnet. Liveness ist ein dynamisches Konzept über verschiedene Merkmale, Qualitäten und Wahrnehmungen des „Live-Seins“. Zur Erschließung des Phänomens werden anhand von leitfadengestützten Expert:innen Interviews die Erfahrungen von Veranstaltenden virtueller Musikfestivals untersucht. Mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse zur Auswertung der Daten werden aufschlussreiche und vielfältige Erkenntnisse gewonnen.

Neben weitreichenden Erkenntnissen zu den Chancen und Grenzen sowie Werten und Nutzen von virtuellen Festivals zeichnen sich diese insbesondere auch als funktionsfähige Alternativen zu Krisenzeiten aus, die der Veranstaltungsbranche mehr Sicherheit verschaffen. Der konzeptuelle Einbezug von Interaktionsmöglichkeiten stellt ein maßgebliches Merkmal virtueller Festivals dar. Denn auch im Kontext virtueller Festivals kann durch den Einsatz interaktiver und partizipativer Elemente eine Form der Gemeinschaftlichkeit entstehen. Diese ist jedoch bisher nicht vergleichbar mit der Intensität von Gemeinschaftlichkeit, die physische Festivals konstruieren. Damit virtuelle Musikfestivals als solche erachtet werden, müssen diese live stattfinden. Um eigenständige Veranstaltungen mit eigenen Werten darzustellen, dürfen virtuelle Festivals keine Nachbildungen physischer Festivals sein, sondern müssen durch ein eigenes Konzept gekennzeichnet werden. Erst diese Abgrenzung ermöglicht es, die Potenziale virtueller Festivals zu nutzen, welche unter Berücksichtigung von Aspekten der Liveness verschiedene Wertbeiträge für die Entwicklung der Veranstaltungskultur leisten können. Die Untersuchung zeigt wertvolle Erkenntnisse zu den Kennzeichen virtueller Live-Musik Festivals auf und diskutiert diese im Kontext aktueller Entwicklungen. Does The Show Must Go On(line)?