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Strategische Nachhaltigkeitskommunikation und Stakeholder-Erwartungen

Stakeholder fordern zunehmend, dass Unternehmen nicht nur nachhaltig handeln, sondern auch darüber kommunizieren. Gleichzeitig hat die Art und Weise, wie Unternehmen über Nachhaltigkeit sprechen, einen erheblichen Einfluss darauf, wie das Thema sowohl innerhalb der Unternehmen selbst als auch in breiteren gesellschaftlichen und politischen Kontexten wahrgenommen wird. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, strategische Nachhaltigkeitskommunikation an den Erwartungen der Stakeholder auszurichten. Obwohl die Bedeutung der Stakeholder-Perspektive weithin anerkannt ist, hat sich die Forschung zur strategischen Nachhaltigkeitskommunikation überwiegend auf die Unternehmensperspektive konzentriert. Diese Arbeit zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen, indem sie die Erwartungen der Stakeholder an die strategische Nachhaltigkeitskommunikation von Unternehmen untersucht.

Die Arbeit folgt dem interpretativen Paradigma der PR-Forschung, das Kommunikation als dialogischen, bedeutungskonstruierenden Prozess versteht. Strategische Nachhaltigkeitskommunikation umfasst dabei alle bewusst eingesetzten Kommunikationsprozesse im Unternehmenskontext, in denen Nachhaltigkeit thematisiert und verhandelt wird. Um ein tieferes Verständnis der Stakeholder-Erwartungen zu erlangen, wurde die Expectancy Violations Theory angewandt.

Die Untersuchung der Fragestellung erfolgte in zwei Schritten: Zunächst wurde die vorhandene Literatur zu den Erwartungen der Stakeholder an die strategische Nachhaltigkeitskommunikation mittels eines Scoping Literature Review systematisch analysiert. Anschließend wurde die Q-Methodik angewandt, um die subjektiven Sichtweisen der Stakeholder zu erfassen. Die Q-Sort-Befragung fokussierte sich auf die Erwartungen der Stakeholder an die Umsetzung strategischer Nachhaltigkeitskommunikation und wurde in qualitative Leitfadeninterviews mit 15 deutschen Bürger*innen eingebettet. Die Auswahl der Befragten erfolgte unter Verwendung eines Balanced-Block-Designs, bei dem die Faktoren Alter und Geschlecht berücksichtigt wurden, um die Heterogenität zu maximieren.

Die Ergebnisse zeigen, dass Stakeholder eine Vielzahl von Erwartungen an die strategische Nachhaltigkeitskommunikation von Unternehmen haben, die sich größtenteils auf die konkrete Umsetzung beziehen. Über die einzelnen Aspekte der Erwartungen hinweg konnten in der Q-Sort-Befragung drei Erwartungstypen identifiziert werden, die zeigen, dass die Erwartungen unter den Stakeholdern unterschiedlich gewichtet sind: der faktenorientierte Analytiker, der praktische Kritiker und der reflektierte Kommunikator. Der faktenorientierte Analytiker legt Wert auf detaillierte, sachliche und konsistente Kommunikation. Der praktische Kritiker erwartet Glaubwürdigkeit, schätzt aber auch praktische Tipps, wie er selbst nachhaltiger handeln kann. Der reflektierte Kommunikator sucht den Dialog und eine zum Nachdenken anregende Kommunikation.

Die Arbeit verdeutlicht das Potenzial strategischer Nachhaltigkeitskommunikation, nicht nur zum öffentlichen Diskurs beizutragen, sondern auch auf der Handlungsebene zu wirken und Stakeholder zu nachhaltigerem Handeln zu motivieren. Aus Sicht der Forschung stellt insbesondere der Erwartungstyp des reflektierten Kommunikators eine interessante Kategorie dar, die in der bestehenden Literatur noch keine Erwähnung findet und weiterer Untersuchung bedarf.