Der Begriff ‚Samizdat‘ bezeichnet die zweite Öffentlichkeit im Staatssozialismus, die durch die illegale Publikation und Verbreitung von verbotener Publizistik, Literatur und Kunst entstand.
Die Arbeit bietet zunächst einen Überblick über theoretische Konzepte von ‚Gegenöffentlichkeit‘, anschließend wird die Entstehung von Samizdat in Ungarn ab der Revolution von 1956 aufgezeigt. Der Fokus der Arbeit liegt jedoch auf den Jahren 1970-1989.
Im Zentrum steht die Frage nach den Funktionen und dem Funktionswandel dieses Phänomens. Samizdat in Ungarn erfüllte zahlreiche politische, soziale, kulturelle, psychologische und ökonomische Funktionen. Er unterlag einem gesellschaftlichen Funktionswandel: Vom internen Kommunikationsmittel der Opposition avancierte er später zu einer widerständigen Praxis und Akt der Zivilcourage, wurde zu einer autonomen gesellschaftlichen Parallelinstitution und schließlich zur politischen Denkfabrik der Opposition.
Vorgestellt werden zentralen Werke, Themen und Zielgruppen des ungarischen Samizdat. Neben den Produktionstechniken werden auch die sozialen Räume, in denen diese Gegenöffentlichkeit entstand, analysiert. Ein Kernthema sind auch Institutionen der Gegenöffentlichkeit wie Untergrundverlage. Aufgezeigt werden auch die Konflikte unter SamizdatmacherInnen bezüglich der internen Perspektive von Samizdat als Mittel der rein kulturellen Opposition einerseits und Forderungen nach einer Politisierung andererseits.
Samizdat – Gegenöffentlichkeit im Staatssozialismus
Entstehung, Entwicklung und Funktionen des ungarischen Samizdat 1956-1989