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Redigierpraxis von Tageszeitungen bei Agenturnachrichten

Die verschiedenen Kriterien der Nachrichtenselektion sind in der Publizistikwissenschaft wiederholt behandelt worden. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand daher nicht die inhaltliche Auswahl, sondern die Frage, wie Agenturnachrichten bearbeitet werden (Redigierpraxis).
Zum Untersuchungsmaterial gehörten die Dienste von dpa, AP, AFP und Reuters sowie die politischen Ressorts von Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Süddeutsche Zeitung (SZ), Kölner Stadtanzeiger (KS), Thüringer Allgemeine (TA) und Allgemeine Zeitung (AZ) Mainz in einer Woche im Oktober 1998. Für die Analyse der Redigierpraxis bei etwa 530 auf Agenturmaterial basierenden Zeitungsberichten wurden zehn Redigiertypen gebildet, die sich in der Intensität der Bearbeitung unterschieden. Dabei wurde unterschieden zwischen Zeitungstexten, die sich aus einer (409) und aus mehreren Agenturmeldungen (120) zusammensetzten.
Zu den Ergebnissen: Kürzungen am Textende waren zwar die häufigste, bei weitem aber nicht die einzige Form der Bearbeitung von Agenturnachrichten. Auch ließ sich das Redigieren nicht als ein bloßer Reduktionsprozess beschreiben, denn vor allem die FAZ nahm auch viele sprachliche Veränderungen innerhalb übernommener Sätze vor. Die aufwendige Zusammenfügung von mehreren Agenturnachrichten für einen Zeitungstext war bei der SZ und beim KS am häufigsten. Insgesamt gesehen fielen die Qualitätszeitungen FAZ und SZ – abgesehen von einem großen Eigenanteil – nicht durch eine außerordentlich aufwendige Bearbeitung des Agenturmaterials auf.